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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,2): Kommentar zu Nietzsches "Zur Genealogie der Moral" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.70912#0465
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446 Zur Genealogie der Moral

Thiere zu erniedrigen, und dass dieser grässliche Aberglauben eine fast unbe-
schränkte Herrschaft in der Sittenlehre der Zeit erlangt hatte." Lecky 1879, 2,
91). Syrische Beispiele sind überaus zahlreich: „In Mesopotamien und in einem
Theile von Syrien gab es eine Secte, die man die ,Weidenden' nannte, welche
kein Obdach hatten, weder Brot noch Gemüse assen, sondern in den Bergen
umherschweifend, wie Viehherden Gras assen." (Lecky 1879, 2, 89) „Indem sie
jedes Band der Heimat und Freundschaft zerrissen, allem Ueberflusse und dem
meisten von dem entsagten, was für /21/ Unentbehrlichkeit des Lebens gilt,
ihre Leiber geisselten und zerfleischten, in Schmutz, Einsamkeit und Trübsal
lebten, halbverhungert und halbnackt durch die Wüsten wanderten in alleini-
ger Gesellschaft von wilden Thieren, ertödteten die ersten Mönche beinahe je-
des natürliche Gefühl und befreiten sich, soweit es möglich ist, von den Be-
dingnissen der Menschlichkeit." (Lecky 1873, 2, 20 f. Von N. mehrfach am Rand
markiert, seine Unterstreichungen).
353, 4 f. Es fehlt allerdings auch in ihr nicht an Kameelen] Vgl. Za I Von den drei
Verwandlungen, KSA 4, 29-31.
353, llf. ein Gebirge zur Gesellschaft, aber kein todtes, eins mit Augen (das
heisst mit Seen)] Das zeichnet das Oberengadin aus, in das sich N. gerne zu-
rückzog und zu dem es in dem von N. am 14. 05. 1887 ausgeliehenen Buch Das
Oberengadin in seinem Einfluss auf Gesundheit und Leben von Johann Melchior
Ludwig heißt: „Die Thalsohle ist fast ganz von lieblichen Seen [...] eingenom-
men." (Ludwig 1877, 1) Karl Jaspers notiert in seinem Handexemplar zu 353,
ll f. an den Rand: „Sils" (Nietzsche 1923, 415).
353, 16-18 Wenn Heraklit sich in die Freihöfe und Säulengänge des ungeheuren
Artemis-Tempels zurüclczog, so war diese „ Wüste" würdiger] Vgl. NK 353, 22-25
und Diogenes Laertius: De vitis IX 1, 2 f.: „Als sie [sc. die Bewohner von Ephe-
sos] ihn baten, daß er [sc. Heraklit] ihnen Gesetze machen möchte, wies er sie
verächtlich ab, weil die verderbte Verfassung in der Stadt schon zu viel Gewalt
erlangt habe. Er gieng in den Artemistempel und spielte Würfel mit den Kna-
ben, und wie die umstehenden Efesier sich darüber wunderten, sagte er:
Nichtswürdige, was wundert ihr euch? ists nicht besser, dies zu thun, als mit
euch das Ruder des Staats zu führen?" (Diogenes Laertius 1807, 2, 163).
353, 19-21 eben gedenke ich meines schönsten Studirzimmers, der Piazza di San
Marco, Frühling vorausgesetzt] Nach Venedig zu gehen, plante N. schon im
März 1879, wobei, wie sein Brief an Köselitz vom 01. 03. 1879 belegt, San Marco
bereits vorab eine wichtige Rolle in seinem Imaginationshaushalt gespielt hat-
te: „Aber auf dem Markusplatz sitzen und Militärmusik hören, bei Sonnen-
schein. Alle Festtage höre ich die Messe in S. Marco." (KSB 5/KGB II 5,
 
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