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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 5,2): Kommentar zu Nietzsches "Zur Genealogie der Moral" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.70912#0576
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Stellenkommentar GM III 22, KSA 5, S. 393-394 557

66-72, Lukas 22, 56-62; Johannes 18, 15-18 u. 25-27): Jesus hatte prophezeit,
Petrus werde ihn drei Mal verleugnen, bevor der Hahn krähe - was dann so
geschah. 394, 8 f. fragt sarkastisch: „Ein ,unsterblicher' Petrus: wer hielte den
aus!" - also nicht nur einen der „kleinen Leute der Provinz" (394, 7), sondern
einen unsterblichen Verräter.
394, 5 f. Zuletzt wollen sie gar noch „die Krone des ewigen Lebens"] Anspielung
auf Jakobus 1, 12 und Offenbarung des Johannes 2, 10, wo den Gläubigen aller-
dings nur die „Krone des Lebens" versprochen wird. Die erweiterte Form von
394, 6 mit dem Versprechen des „ewigen Lebens" ist in der religiösen Literatur
sehr weit verbreitet, siehe z. B. die Belege in Grimm 1854-1971, 11, 2358 u. 2361.
394, 11 Eckensteher] Vgl. NK KSA 5, 42, 19.
394, 16-21 Es giebt kleine verachtete „Heidenvölker" im Osten Asien's, von de-
nen diese ersten Christen etwas Wesentliches hätten lernen können, etwas Takt
der Ehrfurcht; jene erlauben sich nicht, wie christliche Missionare bezeugen, den
Namen ihres Gottes überhaupt in den Mund zu nehmen.] Es könnte das Volk
der Karen, Karenen oder Kaya in Birma gemeint sein. In der zeitgenössischen
Literatur wurde darüber diskutiert, ob dieses Volk womöglich von den Juden
abstamme. „Begreiflich fehlen aber alle weiteren Anhaltspunkte für eine solche
Annahme; merkwürdig ist jedoch, daß sie Gott in ihrer Sprache luwah nennen,
was sehr an lawäh (lehova) erinnert; indeß sollen sie diesen Namen nicht ger-
ne aussprechen, was allerdings auch eine jüdische Ueberlieferung, eine Erin-
nerung an den ,unaussprechlichen Namen' wäre. Wie viel bei diesen Angaben
auf die Phantasie der christlichen Missionare zu setzen ist, mag dahingestellt
bleiben." (Hellwald 1876b, 33) Die Karen erscheinen metaphysisch und religiös
bemerkenswert desinteressiert: „Glaubwürdiger dünken uns die Angaben der
Gräfin Nostitz, wonach die Karen gänzlich der höheren religiösen Begriffe ent-
behren. Fragt man sie nach übersinnlichen Dingen, etwa nach ihren Vorstel-
lungen über eine Fortdauer nach dem Tode, so antworten sie: ,Davon wissen
wir nichts, denken auch nicht daran; wir wissen nur, daß /34/ wir auf die Welt
kommen und wieder hinausgehen müssen, und da es auf der Welt so schön
ist, wird es wol auch hernach gut sein.'" (Ebd., 33 f.) Während die Missionare
bei den Karen das Tabu, den Gottesnamen auszusprechen, gerade mit ihrer
möglichen jüdischen Abstammung in Verbindung bringen, ist in GM III 22 -
ein antisemitisches Stereotyp bedienend - die „Zudringlichkeit gegen Gott mit
Maul und Tatze" (394, 16) typisch „jüdisch[.]".
394, 24 Luther, diesen „beredtesten" und unbescheidensten Bauer] Das Bäuri-
sche, das Grobianische (vgl. den „Rüpel" in 394, 29 u. 394, 33) und das Barbari-
sche an Luther (vgl. dazu Kaufmann 2019) ist in der Quelle der Luther-Bezüge
 
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