6 Der Fall Wagner
Antiqua mit den französischen Drucktraditionen assoziiert war —, andererseits
aber auch einen gewissen Irritationseffekt zu erzielen, ja mit seiner Unzeitge-
mäßheit zu kokettieren: Seit der Reichsgründung 1871 war die Fraktur die offi-
zielle Amtsschrift. Wenn N. nun zunächst daran dachte, WA in Fraktur setzen
zu lassen, so gewiss, um das Zielpublikum, nämlich das vom Wagnerianismus
affizierte deutsche Bildungsbürgertum besser zu erreichen. Zwei Tage später,
am 28. 06. 1888, folgte denn auch schon die Revokation: „Alles wohl erwogen,
ist es doch Nichts mit den deutschen Lettern. Ich kann meine ganze bishe-
rige Litteratur nicht desavouiren. Auf die Dauer zwingt man die Menschen zu
seinem eignen Geschmack. Und mir wenigstens sind die lateinischen Lettern
unvergleichlich sympathischer!" (KSB 8, Nr. 1053, S. 344, Z. 3-7; zum Thema
siehe Windgätter 2004, 17).
Zusammen mit dieser Anweisung ließ N. seinem Verleger einige Textergän-
zungen zukommen, denen am 01. 07. 1888 noch weitere Zusätze folgten, die
Naumann schließlich am 06. 07. 1888 dazu bewogen, N. das gesamte Manu-
skript zurückzusenden und um klare Markierungen zu bitten, wo denn welche
Ergänzungen gemacht werden sollten. N. war darüber nicht erzürnt, sondern
ließ Naumann am 12. 07. 1888 wissen: „Ich hatte es in einem solchen Zustand
von Schwäche abgeschrieben, daß ich selbst es unleserlich finde." (KSB 8,
Nr. 1059, S. 350, Z. 6 f.) Er versprach, noch einmal eine Reinschrift zu erstellen,
die er bereits am 16. 07. 1888 an den Verleger schickte mit der Bemerkung: „es
geht besser: Sie bekommen hier den Beweis dafür!" (KSB 8, Nr. 1060, S. 351,
Z. 4) Obwohl N. zugleich behauptete, das nun vorliegende Manuskript sei „voll-
ständig fertig" und darum bat, „sofort es in Arbeit zu nehmen" (ebd., Z. 5 f.),
folgte am 02. 08. 1888 eine weitere Ergänzung, nämlich der „Schluß des Manu-
scriptes" der „den Namen Nachschrift führen" soll (KSB 8, Nr. 1079, S. 379,
Z. 3 u. S. 380, Z. 6). Gemeint sind offenbar beide „Nachschriften" von WA;
jedenfalls gab N. am 09. 08. 1888 Naumann gegenüber kund, er erwarte nach
der bereits erfolgten Korrektur der Druckfahnen nun auch die Fahnen der
„Nachschriften" (KSB 8, Nr. 1084, S. 383, Z. 11). Zeitgleich war auch Köse-
litz mit der Fahnenkorrektur beschäftigt. Aber bei den Nachschriften sollte es
nicht bleiben: Am 12. 08. 1888 wurde den Nachschriften noch ein „Epilog"
hinzugefügt, begleitet von der „Entschuldigung" bei Naumann, „daß das
Manuscript so bruchstückweise in Ihre Hände gelangt: wüßten Sie, unter
was für unglaublichen Verhältnissen ich diesen Sommer hier oben [sc. in Sils-
Maria] zubringe, so würden Sie mir gewiß Genugthuung wiederfahren lassen."
(KSB 8, Nr. 1089, S. 390, Z. 9-13) Im September war der Druck bereits abge-
schlossen; nach N.s Wunsch gegenüber Naumann am 07. 09. 1888 bekamen
Carl von Gersdorff, Reinhart von Seydlitz, Georg Brandes (drei Stücke), Jacob
Burckhardt, Franz Overbeck, Carl Fuchs, Elisabeth Förster, Paul Deussen, Meta
Antiqua mit den französischen Drucktraditionen assoziiert war —, andererseits
aber auch einen gewissen Irritationseffekt zu erzielen, ja mit seiner Unzeitge-
mäßheit zu kokettieren: Seit der Reichsgründung 1871 war die Fraktur die offi-
zielle Amtsschrift. Wenn N. nun zunächst daran dachte, WA in Fraktur setzen
zu lassen, so gewiss, um das Zielpublikum, nämlich das vom Wagnerianismus
affizierte deutsche Bildungsbürgertum besser zu erreichen. Zwei Tage später,
am 28. 06. 1888, folgte denn auch schon die Revokation: „Alles wohl erwogen,
ist es doch Nichts mit den deutschen Lettern. Ich kann meine ganze bishe-
rige Litteratur nicht desavouiren. Auf die Dauer zwingt man die Menschen zu
seinem eignen Geschmack. Und mir wenigstens sind die lateinischen Lettern
unvergleichlich sympathischer!" (KSB 8, Nr. 1053, S. 344, Z. 3-7; zum Thema
siehe Windgätter 2004, 17).
Zusammen mit dieser Anweisung ließ N. seinem Verleger einige Textergän-
zungen zukommen, denen am 01. 07. 1888 noch weitere Zusätze folgten, die
Naumann schließlich am 06. 07. 1888 dazu bewogen, N. das gesamte Manu-
skript zurückzusenden und um klare Markierungen zu bitten, wo denn welche
Ergänzungen gemacht werden sollten. N. war darüber nicht erzürnt, sondern
ließ Naumann am 12. 07. 1888 wissen: „Ich hatte es in einem solchen Zustand
von Schwäche abgeschrieben, daß ich selbst es unleserlich finde." (KSB 8,
Nr. 1059, S. 350, Z. 6 f.) Er versprach, noch einmal eine Reinschrift zu erstellen,
die er bereits am 16. 07. 1888 an den Verleger schickte mit der Bemerkung: „es
geht besser: Sie bekommen hier den Beweis dafür!" (KSB 8, Nr. 1060, S. 351,
Z. 4) Obwohl N. zugleich behauptete, das nun vorliegende Manuskript sei „voll-
ständig fertig" und darum bat, „sofort es in Arbeit zu nehmen" (ebd., Z. 5 f.),
folgte am 02. 08. 1888 eine weitere Ergänzung, nämlich der „Schluß des Manu-
scriptes" der „den Namen Nachschrift führen" soll (KSB 8, Nr. 1079, S. 379,
Z. 3 u. S. 380, Z. 6). Gemeint sind offenbar beide „Nachschriften" von WA;
jedenfalls gab N. am 09. 08. 1888 Naumann gegenüber kund, er erwarte nach
der bereits erfolgten Korrektur der Druckfahnen nun auch die Fahnen der
„Nachschriften" (KSB 8, Nr. 1084, S. 383, Z. 11). Zeitgleich war auch Köse-
litz mit der Fahnenkorrektur beschäftigt. Aber bei den Nachschriften sollte es
nicht bleiben: Am 12. 08. 1888 wurde den Nachschriften noch ein „Epilog"
hinzugefügt, begleitet von der „Entschuldigung" bei Naumann, „daß das
Manuscript so bruchstückweise in Ihre Hände gelangt: wüßten Sie, unter
was für unglaublichen Verhältnissen ich diesen Sommer hier oben [sc. in Sils-
Maria] zubringe, so würden Sie mir gewiß Genugthuung wiederfahren lassen."
(KSB 8, Nr. 1089, S. 390, Z. 9-13) Im September war der Druck bereits abge-
schlossen; nach N.s Wunsch gegenüber Naumann am 07. 09. 1888 bekamen
Carl von Gersdorff, Reinhart von Seydlitz, Georg Brandes (drei Stücke), Jacob
Burckhardt, Franz Overbeck, Carl Fuchs, Elisabeth Förster, Paul Deussen, Meta