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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0120
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Stellenkommentar WA 6, KSA 6, S. 25-26 101

25, 33 das „schöne Gefühl"] Z. B. in AC 50 fordert N., dass man aus Recht-
schaffenheit die „schönen Gefühle" verachten solle. Vgl. NK KSA 6, 230, 8-17.
25, 33 f. Die Tugend behält Recht noch gegen den Contrapunkt.] Vgl. NK 25, 8 f.
25, 34-26, 3 „Wer uns verbessert, wie sollte der nicht selbst gut sein?" so hat
die Menschheit immer geschlossen. Verbessern wir also die Menschheit! — damit
wird man gut] Das Thema wird ausgiebig behandelt in GD Die „Verbesserer"
der Menschheit, KSA 6, 98-102. Über den Idealismus und die „Verbesserer"
mit ihren moralischen Aufrüstungsabsichten, die (ein für die Menschheit laut
N. fatales) Eigeninteresse tarnen, wird das Wagner-Thema verknüpft mit den
für N. großen Fragen der Entwicklung der (europäischen) Zivilisation.
26, 3 f. damit wird man selbst „Klassiker": — Schiller wurde „Klassiker"] Schil-
ler gilt N. als exemplarischer Moral-Propagandist, siehe NK 18, 22 f. und NK
KSA 6, 111, 5 f. Auch Georg Brandes behandelt im zweiten, N. wohlbekannten
Band seiner Litteratur des 19. Jahrhunderts in ihren Hauptströmungen Schillers
angeblich geschichtsfernen, aber zu moralisch-revolutionärer Empörung ten-
dierenden Idealismus (Brandes 1887a, 35-37).
26, 6-8 Selbst Mozart's Verhältniss zur Musik — Wagner hat es uns zum Trost
gesagt! — war im Grunde frivol...] Wagner drückt hohe Verehrung für Wolfgang
Amadeus Mozarts Musik aus, stellt in Oper und Drama allerdings fest, dass
dieser keine glückliche Hand bei der Auswahl seiner Librettisten gehabt habe:
„Und so wäre es gerade der absoluteste aller Musiker, Mozart, gewesen, der
längst schon das Opernproblem uns klar gelöst, nämlich das wahrste, schönste
und vollkommenste — Drama dichten geholfen hätte, wenn eben der Dich-
ter ihm begegnet wäre, dem er als Musiker gerade nur zu helfen gehabt
haben würde. Der Dichter begegnete ihm aber nicht: bald reichte ihm nur ein
pedantisch langweiliger, oder ein frivol aufgeweckter Operntextmacher seine
Arien, Duetten und Ensemblestücke zur Komposition dar, die er dann, je nach
der Wärme, die sie ihm erwecken konnten, so in Musik setzte, daß sie immer
den entsprechendsten Ausdruck erhielten, dessen sie nach ihrem Inhalte
irgend fähig waren." (Wagner 1871-1873, 3, 306 = Wagner 1907, 3, 247) Wagner
definiert „die frivole Opernmelodie" als diejenige, „die von jedem wirklichen
Zusammenhänge mit den dichterischen Textworten abgelöst[.]" ist (Wagner
1871-1873, 3, 377 = Wagner 1907, 3, 297). Genau dies geschieht bei Mozart, wenn
denn seine Libretti textlich so belanglos sein sollten, wie Wagner behauptet,
so dass Mozart tatsächlich selbst als frivoler Opernkomponist erscheint, wenn-
gleich Wagner dies direkt nicht behauptet. Sein Frivolitätsverdikt richtet sich
hauptsächlich gegen die italienischen Komponisten des 19. Jahrhunderts; aber
schon Beethoven sieht er als großen Kämpfer gegen die musikalische Frivolität.
 
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