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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0127
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108 Der Fall Wagner

l'organisme total fonctionne avec energie, il est necessaire que les organismes
composants fonctionnent avec energie, mais avec une energie subordonnee; et
pour que ces organismes /25/ moindres fonctionnent eux-memes avec energie,
il est necessaire que leurs cellules composantes fonctionnent avec energie,
mais avec une energie subordonnee. Si l'energie des cellules devient indepen-
dante, les organismes qui composent l'organisme total cessent pareillement de
subordonner leur energie ä l'energie totale, et l'anarchie qui s'etablit constitue
la decadence de l'ensemble. L'organisme social n'echappe pas ä cette loi. Il
entre en decadence aussitöt que la vie individuelle s'est exageree sous
l'influence du bien-etre acquis et de l'heredite. Une meme loi gouverne le deve-
loppement et la decadence de cet autre organisme qui est le langage. Un style
de decadence est celui oü l'unite du livre se decompose pour laisser la place
ä l'independance de la page, oü la page se decompose pour laisser la place ä
l'independance de la phrase, et la phrase pour laisser la place ä l'indepen-
dance du mot. Les exemples foisonnent dans la litterature actuelle qui corrobo-
rent cette feconde." (Bourget 1883, 24 f. „Mit dem Wort Dekadenz wird gerne
der Zustand einer Gesellschaft beschrieben, aus welcher eine zu große Anzahl
von Individuen hervorgeht, die unfähig für die Arbeiten des gewöhnlichen
Lebens sind. Eine Gesellschaft muss einem Organismus assimiliert sein. Wie
ein Organismus nämlich umfasst sie Gemeinschaften von Unterorganismen,
die sich wiederum in eine Gemeinschaft von Zellen unterteilen. Das Indivi-
duum ist die soziale Zelle. Damit der gesamte Organismus mit Energie arbeitet,
ist es notwendig, dass die Organismen, aus welchen er zusammengesetzt ist,
mit Energie funktionieren, wenn auch mit untergeordneter Energie; und damit
die Unterorganismen selbst mit Energie arbeiten, ist es wichtig, dass ihre Zel-
len wiederum mit Energie, wenn auch mit untergordneter Energie funktionie-
ren. Wenn die Energie der Zellen unabhängig wird, hören die Organismen, aus
welchen der Organismus besteht, gleichermaßen auf, ihre Energie der Gesamt-
energie unterzuordnen, und die Anarchie, die sich einstellt, schafft die Deka-
denz des Ganzen. Der soziale Organismus entkommt diesem Gesetz nicht.
Seine Dekadenz beginnt, sobald das individuelle Leben unter dem Einfluss des
erreichten Wohlstandes und der Vererbung übertrieben wird. Ein gleiches
Gesetz regiert die Entwicklung und den Niedergang jenes anderen Organismus,
der die Sprache ist. Ein Dekadenz-Stil entsteht, wenn sich die Einheit des
Buches auflöst, um der Unabhängigkeit der Seiten Platz zu machen, oder wenn
sich die Seite auflöst, um der Unabhängigkeit der Sätze Platz zu machen, und
wenn dasselbe mit dem Satz geschieht, der der Unabhängigkeit des Wortes
Platz macht. In der aktuellen Literatur wimmelt es von solchen Beispielen, die
diese Entwicklung bestätigen.") Dass es sich bei 27, 17-22 um eine Bourget-
Adaption handelt, ist schon lange bekannt, vgl. z. B. Weigand 1893, 67 f.; Wah-
 
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