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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0199
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180 Der Fall Wagner

sse Betrachtung findet im Centralblatt mit ihrer „Wärme der Empfindung"
etwas mehr Zuspruch (Bd. 27, Nr. 44, 28. 10. 1876, Sp. 1467 f., zitiert nach Kr I,
62). Über Menschliches, Allzumenschliches erfährt der Leser des Centralblatts
dann immerhin, N.s „glänzend angelegter und durch ausgebreitete und ernste
Studien gebildeter Geist" habe „sich wenigstens principiell von den Irrwegen
früherer Jahre abgewandt und die Vorzüge des wissenschaftlichen methodi-
schen Denkens vor allen geniemäßigen Gedankensprüngen und Gedankenspä-
nen würdigen gelernt" (Bd. 29, Nr. 42, 19. 10. 1878, Sp. 1370 f., zitiert nach
Kr I, 76). Bei der Morgenröthe beklagt der Rezensent der Zeitschrift, N. habe
„wiederum seine Gedanken in aphoristischer Form ohne allen systematischen
Zusammenhang" präsentiert, findet aber „bei allem Läugnen der Sittlichkeit,
Spuren von sittlichem Idealismus in den eigenen Bemerkungen des Verf.'s"
(Bd. 33, Nr. 12, 18. 03. 1882, Sp. 387 f., zitiert nach Kr I, 90). „Wohlwollend" (Kr
I, 100) nimmt sich die kurze Anzeige der Fröhlichen Wissenschaft aus (Bd. 34,
Nr. 19, 05. 05. 1883, Sp. 644 f.). Also sprach Zarathustra I-III kommt im Central-
blatt ebenfalls nicht schlecht weg: „Von einem größeren Kreise werden diese
Reden kaum aufmerksam gelesen werden, aber Ref. kann wohl glauben, daß,
wie es der Fall sein soll, manche besonders geartete Naturen mit Entzücken
Nietzsche's Worten lauschen." (Bd. 36, Nr. 12, 14. 03. 1885, Sp. 378, zitiert nach
Kr I, 114).
Als letztes wurde nach Kr I, 139 im Centralblatt am 17. 09. 1887 von „A. K."
Jenseits von Gut und Böse besprochen (Bd. 38, Nr. 38, 1291 f.). Darauf dürfte
sich N. in 46, 9 f. beziehen. Es heißt darin: „Einer gründlichen Würdigung
dieser ohne Frage bedeutenden Arbeit würde nur Jemand gewachsen sein, der
mit dem ganzen Entwickelungsgang ihres Verf.'s vertraut wäre; denn einem so
problematischen Kopfe gegenüber verschlagen die üblichen Mittel und Wege
der kritischen Analyse nicht, und die Anlegung des allgemein gültigen Ur-
theilsmaßstabes würde sein neuestes Buch muthmaßlich auf den wissenschaft-
lichen Index bringen. Ref. bekennt nun, daß er seit dem letzten Heft der unzeit-
gemäßen Betrachtungen die Fühlung mit ihrem Autor verloren und sie trotz
sorgfältigen Studiums auch nicht wiedergefunden hat; was hier von ihm dem
Publicum vorgelegt worden ist, muthet ihn wie ein Räthsel an. Herr Nietzsche
hat sich auf einsiedlerischem Horste niedergelassen und ist dem zu Folge der
Erde und ihren Bewohnern immer fremder geworden; er sieht von den Höhen
seines Schauplatzes die Wirklichkeit nicht, sondern nur deren Caricaturen; er
versteht sie nicht, er richtet sie nur. Und er richtet mit einer Wage, die nicht
heidnisch nicht christlich, nicht antik nicht modern, nicht naturalistisch nicht
idealistisch ist, einer Wage, deren Mechanismus wahrscheinlich nur sein ,über-
europäisches' oder ,überasiatisches Auge' zu controlieren vermag. Uns Ande-
ren, denen solche Organe versagt sind, dürfte daher die stille Bescheidung
 
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