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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0237
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218 Götzen-Dämmerung

mit dem GD abgeschlossen wird: „Der Hammer redet" (161, 1). Ein Hammer ist
auch ein diagnostisches Instrument; der Perkussionshammer des Arztes (vgl.
NK 57, 22-58, 1) und die „Stimmgabel" (58, 12), die den Klang eines Objektes
erfassen kann, klopfen hier eben Götzen ab, um zu horchen, wie hohl sie
klingen (vgl. Thatcher 1985, ferner Blondel 1981 und Claessens 1997). Montinari
1984, 70 schlägt vor, an den „Hammer eines Mineralogen" zu denken (vgl.
Günzel 2001, 180) — eine Assoziation, die manche Interpreten auf eine Stelle
in Goethes Italiänischer Reise beziehen oder auf Goethes Brief an Karl Ludwig
von Knebel vom 24. 05. 1788: „Ich kaufe hier einen Hammer und werde an den
Felsen pochen um des Todes Bitterkeit zu vertreiben." (Vgl. Seggern 2005, 109)
In der Forschung hat sich eine Diskussion entzündet, ob hier mit dem Hammer
wie in manchen Nachlassnotizen (z. B. NL 1883, KSA 10, 16[49], 514; NL 1885/
86, KSA 12, 2[129], 128 = KGW IX 5, W I 8, 94) die Ewige Wiederkunft des
Gleichen gemeint sei (Brobjer 1999b), ob es um eine alternative Bezeichnung
für N.s Hermeneutik des Verdachts gehe (Georgsson 2004), oder ob schließlich
der Prägehammer, dessen der Umwerter ebenso bedarf wie der Falschmünzer,
hier im Assoziationshorizont steht (Sommer 2000a, 152-159).
Eine Lektüre N.s von 1888, Viktor Hehns Gedanken über Goethe, erschließt
noch einen weiteren Assoziationshorizont, nämlich aus einem Brief Goethes
an Friedrich Heinrich Jacobi vom 17. 11. 1782: „Laß mich ein Gleichniß brau-
chen. Wenn du eine glühende Masse Eisen auf dem Herde siehst, so denkst
du nicht, daß so viel Schlacken drin stecken, als sich erst offenbaren, wenn
es unter den großen Hammer kommt. Dann scheidet sich der Unrath, den das
Feuer selbst nicht absonderte, und fließt und stiebt in glühenden Tropfen und
Funken davon und das gediegene Erz bleibt dem Arbeiter in der Zange. Es
scheint, als wenn es eines so gewaltigen Hammers bedurft habe, um meine
Natur von den vielen Schlacken zu befreien und mein Herz gediegen zu
machen." (Hehn 1888, 317) In JGB 203, KSA 5, 126, 32-127, 2 taucht bei N.
allerdings eine ähnliche Metapher schon vor der Hehn-Lektüre auf.
57, 22-58, 1 jenen berühmten hohlen Ton hören, der von geblähten Eingewei-
den redet] N. überträgt hier die seit dem frühen 19. Jahrhundert gebräuchlichen
medizinischen Verfahren der Auskultation und Perkussion auf die Götzen:
„Auskultation (lat.), das Behorchen des Körpers, welches in der Absicht vorge-
nommen wird, um diejenigen Geräusche, welche innerhalb desselben sowohl
im gesunden als im kranken Zustand entstehen, zu erforschen und daraus auf
den Zustand der Organe zu schließen." (Meyer 1885-1892, 2, 118) „Perkussion
(lat., ,Erschütterung') [...]. In der Medizin ist P. das Beklopfen des menschli-
chen Körpers, einer der wichtigsten Akte der physikalischen Untersuchung [...].
Der Perkussionshammer hat einen langen, platten Griff, an welchem ein eiser-
ner Arm unter rechtem Winkel befestigt ist [...]. Den Hammer benutzt man zum
 
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