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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0240
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Stellenkommentar GD Vorwort, KSA 6, S. 58 221

man denn immer noch nicht in Seelenland, daß diese zarathustralische Über-
menschheitsverhimmelung auch nur wieder Erlöserei und blaue Blume gewe-
sen ist?!" (Dehmel 1923, 2, 77, zitiert nach Born 2010, 228).
58, 5-7 Auch diese Schrift — der Titel verräth es — ist vor Allem eine Erholung,
ein Sonnenfleck, ein Seitensprung in den Müssiggang eines Psychologen.]
Ursprünglich hätte der Titel von GD „Müssiggang eines Psychologen"
lauten sollen, vgl. NK 55, 1-3. N. hat zwar den Titel geändert, nicht aber diese
darauf bezogene Vorwortpassage. „Erholung" (vgl. auch N.s Brief an Brandes,
13. 09. 1888, KSB 8, Nr. 1107, S. 420), „Seitensprung" und „Müssiggang" deuten
einerseits auf den Nebenwerkscharakter im Vergleich zur großen Aufgabe der
Umwertung (im Entwurf des Heftes W II 8, 134 heißt es statt „der Titel verräth
es" [58, 5]: „gleich dem ,Fall Wagner"' — KSA 14, 411), andererseits wird durch
die Verquickung des götzenkritischen Geschäfts mit diesem „Müssiggang"
darauf aufmerksam gemacht, dass es hochgefährlich wird, wenn ein „Psycho-
loge" wie N. müßiggeht (vgl. „Der Nihilismus ist unsre Art Müssiggang...",
NL 1888, KSA 13, 16[30], 491, 19). Das Wort „Seitensprung" unterstreicht wie
Müßiggang den Aspekt der Anrüchigkeit, vgl. NK 59, 3 f. und die längere Refle-
xion über das allmähliche Unmöglichwerden von „Musse und Müssig-
gang" in der industrialisierten Moderne in FW 329 (KSA 3, 556 f.) sowie in
der zeitgenössischen Wissenschaft in UB I DS, KSA 1, 202.
Aus der psychologisch-pädagogischen Fachliteratur war N. hingegen die
Erkenntnis geläufig, wie wichtig Phasen von „Abwechslung und Nachlassen
der Thätigkeit" (Bain 1880, 44-52) sind. In GD kommt „Müssiggang" nur im
Vorwort und in Sprüche und Pfeile 1 vor; in EH GD 3 wird der Tag, auf den GD
Vorwort datiert ist, mit dem Müßiggang des sich allmählich vergöttlichenden
Ichs auch (werk)biographisch kurzgeschlossen: „Am 30. September grosser
Sieg; Beendigung der Umwerthung; Müssiggang eines Gottes am Po entlang."
(KSA 6, 356, 8-10).
„Sonnenfleck" taucht in N.s Werken sonst nur in MA Vorrede 5 von 1886
auf, wo es über den genesenden freien Geist heißt: „Wer versteht sich gleich
ihm auf das Glück im Winter, auf die Sonnenflecke an der Mauer!" (KSA 2, 19,
20 f.), im Nachlass nur im Rahmen einer Gedichtfragmentensammlung: „leut-
selig gegen Mensch und Zufall, / ein Sonnenfleck / an winterlichen Hängen"
(NL 1888, KSA 13, 20[74], 562, 16-18, vgl. Groddeck 1991, 1, 28, Fr. 96 u. Tafel
23). Daraus lässt sich erschließen, dass Sonnenfleck in 58, 6 keine der drei bei
Grimm 1854-1971, 10/1, 1646 genannten Bedeutungen hat: „1) dunkle stellen,
schwarze oder braune flecken in der sonnenscheibe von wechselnder zahl und
Stellung"; „2) braune oder gelbe flecken der haut, die von der wirkung der sonne
herrühren, sommerflecken, -sprossen", „3) vereinzelt der (rote) fleck, der vor dem
auge schwimmt, wenn man in die sonne gesehen hat". Vielmehr ist damit der
 
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