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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0329
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310 Götzen-Dämmerung

der Nutzlosigkeit die Widerlegung der Idee einer „wahren Welt" abzuleiten.
Zur dramatischen Grundierung erscheinen neben der Rückkehr der Heiterkeit
auch die des „bon sens" (zu seinem Verschwinden vgl. z. B. Schopenhauer
1873-1874, 5, 288), des gesunden Menschenverstandes sowie der „Teufelslärm
aller freien Geister" als die passende Orchestrierung, die freilich die Frage
leicht übertönt, was denn an diesem Punkt das sachlich Neue sei. Immerhin
wäre es nach 81, 1-4 möglich, nur die „wahre Welt" abzuschaffen, die schein-
bare als scheinbare aber zugleich beizubehalten, nämlich insofern man dann
mit der alten Metaphysik das sinnlich Wahrnehmbare nach wie vor als unwahr
verdächtigt, obwohl außer der scheinbaren Welt nichts übrig bleibt. Vgl. NK
81, 8-11.
81, 6 Schamröthe Plato's\ Aus „Schamröthe der Vernunft" in der Vorarbeit W
II 5, 64 (KGW IX 8, W II 5, 64, 42-44, vgl. KSA 14, 415). Vgl. NK 81, 12-14.
81, 8-11 6. Die wahre Welt haben wir abgeschafft: welche Welt blieb übrig? die
scheinbare vielleicht?... Aber nein! mit der wahren Welt haben wir auch
die scheinbare abgeschafft!] Vgl. NK 75, 23 f. Die Formulierung 81, 10 f.
spielt auf den Titel von Teichmüllers Buch Die wirkliche und die scheinbare
Welt (1882) an (vgl. Nohl 1913, zu N.s Teichmüller-Rezeption auch Dickopp
1970 und — insbesondere im Blick auf N.s Radikalisierung von Teichmüllers
Perspektivismus Schwenke 2006, 257-263, Small 2001, 41-58 und Orsucci /
Savorelli 1997, 47-63), zu N.s Wendung „gegen das Wort ,Erscheinung"' siehe
KSA 14, 388 f. Auf der Folie von Teichmüller 1882 und seiner Konzeption des
Perspektivismus hat N. das Thema bereits in JGB 34 verhandelt: „Es ist nicht
mehr als ein moralisches Vorurtheil, dass Wahrheit mehr werth ist als Schein;
es ist sogar die schlechtest bewiesene Annahme, die es in der Welt giebt. Man
gestehe sich doch so viel ein: es bestünde gar kein Leben, wenn nicht auf dem
Grunde perspektivischer Schätzungen und Scheinbarkeiten; und wollte man,
mit der tugendhaften Begeisterung und Tölpelei mancher Philosophen, die
,scheinbare Welt' ganz abschaffen, nun, gesetzt, ihr könntet das, — so bliebe
mindestens dabei auch von eurer ,Wahrheit' nichts mehr übrig!" (KSA 5, 53,
22-31).
In GD Die „Vernunft" in der Philosophie 2, KSA 6, 75, 23 f. wurde immerhin
die „,scheinbare' Welt" noch beibehalten und nicht zusammen mit der „,wah-
ren Welt'" abgeschafft — ähnlich auch in EH Vorwort 2, KSA 6, 258, 13-15: „Die
,wahre Welt' und die ,scheinbare Welt' — auf deutsch: die erlogne Welt und
die Realität..." Was bedeutet die Abschaffung auch der „scheinbaren Welt"?
Dass nur noch eine Welt jenseits von Wahrheit und Scheinbarkeit da ist? Oder
doch, dass auf den Weltbegriff ganz zu verzichten ist? Weshalb auch die
scheinbare Welt abgeschafft wird, hilft GD Die „Vernunft" in der Philosophie
 
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