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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0347
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328 Götzen-Dämmerung

nem offenen Brief an N. vom 12. 06. 1872 bedient hat, wo er GT gegen die
Attacke von Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff in Schutz nimmt: „Ein klassi-
scher Sprachgelehrter, der einem ,meinthalben' in demselben Satze noch
ein ,meinthalb' nachschickt, erscheint uns noch fast wie ein vom Biere zum
Schnaps taumelnder Berliner Eckensteher aus der alten Zeit: genau dieses
giebt uns aber der Dr. phil. U.W.v.M., pag. 18 seines Pamphlets [sc. Zukunftsphi-
lologie!, Berlin 1872] zum Besten." (Wagner 1871-1873, 9, 355 = Wagner 1907, 9,
299) Ansonsten kommt „Eckensteher" bei Wagner kaum vor.
87, 3 Schlucker und Mucker] Die Wendung ist in N.s Werk ein Hapax legome-
non, aber kein Neologismus, sondern etwa auch in Heinrich Zschokkes Histo-
rien aus dem Städtlein Altenkasten belegt (Zschokke 1861, 296). Zum „Mucker-
thum" siehe NK KSA 6, 26, 12-14.
87, 3 f. er malt sich an die Wand und sagt dazu „ecce homo!"...] Dieses auf
den gegeißelten, leidenden Jesus bezogene Wort des Pilatus in Johannes 19, 5
dient N. bekanntlich als Titel von EH und 1882 bereits als Gedichttitel (FW
„Scherz, List und Rache" 62, KSA 3, 367, 14). Zu Deutung und Hintergrund
vgl. NK KSA 6, 255, 1-2. 87, 3 f. besagt, dass ein bestimmter Menschentypus
(„Schlucker und Mucker") sich selbst — den schwachen, leidenden Men-
schen — als Norm setzt (oder doch zumindest als Wunschbild seiner selbst),
während die in 87, 19-29 sprechenden „Wir" und „Immoralisten" auf eine
moralische Normierung des Menschen gerade verzichten wollen. Sowohl in 87,
3 f. wie in EH findet unter dem Titel „Ecce homo" eine exemplarische Selbst-
präsentation statt — wenn auch in zwei einander entgegengesetzten Typen: im
Eckensteher-Moralisten auf der einen Seite und im starken Ich auf der andern.
Auffällig ist schließlich die Alliteration von Eckensteher und Ecce.
87, 7-9 Der Einzelne ist ein Stück fatum, von Vorne und von Hinten, ein Gesetz
mehr, eine Nothwendigkeit mehr für Alles, was kommt und sein wird.] Vgl. NK
96, 27-31.
87, 22-29 Immer mehr ist uns das Auge für jene Ökonomie aufgegangen, wel-
che alles Das noch braucht und auszunützen weiss, was der heilige Aberwitz des
Priesters, der kranken Vernunft im Priester verwirft, für jene Ökonomie im
Gesetz des Lebens, die selbst aus der widerlichen species des Muckers, des Pries-
ters, des Tugendhaften ihren Vortheil zieht, — welchen Vortheil? — Aber wir
selbst, wir Immoralisten sind hier die Antwort...] Vgl. NK KSA 6, 167, 20 f.
Die vier grossen Irrthümer
Ursprünglich hätte auch dieses Kapitel seinen Platz im „Willen zur Macht"
finden sollen, und zwar unter dem Titel „Psychologie des Irrthums". In NL
 
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