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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0348
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Stellenkommentar GD Irrthümer, KSA 6, S. 87 329

1888, KSA 13, 16[86], 515, 23-516, 3 werden die Irrtümer noch anders genannt
und gruppiert. Zunächst gab es auch nur drei Irrtümer, da die Abschnitte 1
und 2 (88, 2-90, 11) erst nachträglich ins Druckmanuskript übernommen wur-
den. Als selbständiger Text steht eine erste Fassung von Abschnitt 3 (90, 13-
91, 32) in Heft W II, 104 f. und in Mp XVI 4. Die Abschnitte 4 bis 6 (92, 2-95,
8) finden sich ursprünglich in W II 7, 38 f. u. 36, und zwar noch als Bestandteile
zum Entwurf eines Buches mit dem Titel „Der Wille zur Macht" gemäß dem
Plan NL 1888, KSA 13, 16[86], 515 f. Bei diesem Plan 16[86] handelt es sich um
einen der letzten Entwürfe zu diesem nie verwirklichten Werk, dessen Planung
der Ausarbeitung von GD und AC voranging. In NL 1888, KSA 13, 16[85], 515,
12-20 wird eine „Psychologie des Irrthums" entworfen, das zum einen
drei Verwechslungsirrtümer aufzählt, zum anderen „Moral", „Religion",
„Metaphysik" und ,,[d]ie modernen Ideen als Irrthümer" bezeich-
net. Die Verwechslungsirrtümer lauten: „1) Verwechslung von Ursache und
Wirkung / 2) Verwechslung der Wahrheit mit der Wirkung des als wahr
Geglaubten. / 3) Verwechslung des Bewußtseins mit der Ursächlichkeit". In GD
Die vier grossen Irrthümer 1-2 geht der erste Irrtum dieser Auflistung ein, in
GD Die vier grossen Irrthümer 6 (bes. 95, 6-8) der zweite, schließlich in GD
Die vier grossen Irrthümer 3-5 der dritte. Letzteres wiederum bedeutet, dass
ursprünglich die Irrtümer „einer falschen Ursächlichkeit" (90, 13) und
„der imaginären Ursachen" (92, 2) begrifflich nicht getrennt waren, und
überdies, dass der „Irrthum vom freien Willen" (GD Die vier grossen
Irrthümer 7, KSA 6, 95, 10) zunächst ebenfalls fehlte. Unter dem Titel „Psy-
chologie des Irrthums" gibt auch NL 1888, KSA 13, 16[86], 515, 23-516,
3 dieselben drei Verwechslungsirrtümer wieder wie 16[85], jedoch um einen
weiteren Irrtum ergänzt: „4) Verwechslung der Logik mit dem Prinzip des Wirk-
lichen". Dieser vierte Irrtum wird dann in der Kompilation all dieser Überle-
gungen in GD Die vier grossen Irrthümer nicht wieder aufgenommen. Dafür
greift N. in den Abschnitten 7 und 8 (95, 10-97, 8) auf eine längere Vorarbeit
aus anderem Zusammenhang zurück, nämlich auf NL 1888, KSA 13, 15[30],
422-426, und akzentuiert das dort zum freien Willen Gesagte auf einem leeren
Blatt in Heft W II 3, 129 (vgl. WzM2 765), bevor es in GD zum vierten Irrtum
wird (vgl. KSA 14, 418). Diesen Irrtum hat N. beispielsweise auch schon in MA
I 18, KSA 2, 39 f. kritisiert, wo der Glaube an den freien Willen damit erklärt
wird, dass man noch nicht über Kausalverhältnisse in der Natur und damit
über die Ursachen des eigenen Wollens unterrichtet sei.
GD Die vier grossen Irrthümer führt u. a. Überlegungen von Höffding 1887,
263-272 (zahlreiche Lesespuren N.s, vgl. NPB 301) weiter: „Das feste Band,
durch welches Dinge und Begebenheiten zum Zusammenhang der Wirklichkeit
verbunden sind, nennen wir das Kausalverhältnis. Wir nehmen ein Kau-
 
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