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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0417
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398 Götzen-Dämmerung

KSA 11, 26[403], 256 f.: „Michelet: schwitzende Sympathie, etwas Pöbelhaf-
tes daran, wie als ob er den Rock auszöge, vor einer Arbeit. Volks-Tribun: er
kennt auch die Raubthier-Wuthanfälle des Volks. Alles, was mir gefällt, ist
ihm fremd. Montaigne so gut als Napoleon. Seltsam, auch er, der arbeitsame
sittenstrenge Mensch, hat die neugierige Geschlechts-Lüsternheit des Galliers."
Über den Arbeiter, dem man den Rock ausziehen und ihn in Uniform stecken
soll, spricht der französische Historiker Jules Michelet (1798-1874) in seinem
Buch Das Volk (Michelet 1846, 230; zu Napoleon ebd., 21). Ohnehin scheint
dieses Buch, das N. mit einigen Lesespuren hinterlassen hat (vgl. NPB 383),
den ungünstigen Eindruck von Michelets plebejischem Wesen unterstrichen zu
haben, den N. bereits aus Karl Hillebrands Michelet-Aufsatz von 1874 gewinnen
konnte, in dem u. a. dessen „senile[r] Sinnlichkeitskitzel" (Hillebrand 1892,
139) gerügt wird, oder aus Paul Alberts einschlägigem, ebenfalls Lesespuren
aufweisendem Michelet-Essay (Albert 1885, 2, 61-78, vgl. NPB 107; auch Bourget
1883, 224 mag inspirierend gewirkt haben, vgl. Campioni 1996, 413). Zur Tran-
spiration vgl. NK KSA 6, 13, 22-24; zu N.s Michelet-Lektüren im einzelnen Cam-
pioni 2001, 210-214 (Campioni 2009a, 264-270).
111, 12 f. Carlyle: oder Pessimismus als zurückgetretenes Mittagessen.] Der
schottische Historiker und Essayist Thomas Carlyle (1795-1881) litt, wie N. aus
Froude 1887, 1, 27 f. erfuhr, zeit seines Lebens unter Verdauungsstörungen, vgl.
NK 119, 11 f.
111, 13 f. John Stuart Mill: oder die beleidigende Klarheit.] Vgl. Brandes
1887b, 225: „Die meisten stehen weit hinter ihren Büchern zurück. Bei Stuart
Mill fand sich keine Ungleichheit solcher Art, denn er war die fleischgewor-
dene Wahrhaftigkeit selbst. [...] Auch im täglichen Leben trug Mill jenen
unsichtbaren Nimbus der hohen Wahrheitsliebe. Von seinem ganzen Wesen
strahlte die Reinheit des Charakters aus." N.s Urteile zum utilitaristischen Phi-
losophen John Stuart Mill (1806-1873) sind gerade in der Spätzeit wenig
schmeichelhaft; die Lesespuren in Mills Büchern weisen N. freilich als deren
intensiven Leser aus. Vgl. z. B. JGB 253, KSA 5, 196, 23-31: „Es giebt Wahrheiten,
die am besten von mittelmässigen Köpfen erkannt werden, weil sie ihnen am
gemässesten sind, es giebt Wahrheiten, die nur für mittelmässige Geister Reize
und Verführungskräfte besitzen: — auf diesen vielleicht unangenehmen Satz
wird man gerade jetzt hingestossen, seitdem der Geist achtbarer, aber mittel-
mässiger Engländer — ich nenne Darwin, John Stuart Mill und Herbert Spen-
cer — in der mittleren Region des europäischen Geschmacks zum Übergewicht
zu gelangen anhebt." In NL 1887, KSA 12, 9[55], 362, 21 (KGW IX 6, W II 1, 103,
35) gilt Mill als „typischer Flachkopf" (vgl. NL 1887/88, KSA 13, 11[148], 70,
18 f. = KGW IX 7, W II 3, 134, 46 u. 135, 42); in NL 1887/88, 11[127], 60, 22-27
 
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