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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0483
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464 Götzen-Dämmerung

Gefühle ist, kommt daher, dass die Vorstellung von der Ursache eines Lustge-
fühls (oder von dem Hindernis eines Schmerzes) nur dann Lust erregen kann,
wenn wir zugleich glauben, diese Ursache (oder dieses Hindernis) in unsrer
Gewalt zu haben. [...] / Das Gefühl der Macht erinnert an das Gefühl der Kraft,
das mit der unmittelbaren Empfindung organischer Lebensenergie verknüpft ist
[...]. / Das Gefühl der Unmacht tritt in der Demut, der Reue oder der Selbstver-
achtung auf, welche dadurch entstehen, dass man die für wünschenswert
angesehne Herrschaft über die Lebensbedingungen nicht erreicht." (Höffding
1887, 306 f.; Kursiviertes von N. unterstrichen, mehrere Markierungen und NBs
am Blattrand.) Bain 1880, 79 hingegen gibt zu bedenken, das „Gefühl der
Macht" stelle „selbst keine unabhängige Quelle der Gemüthsregung" dar.
124, 14 f. Wille zur Macht] Vgl. NK 118, 31.
124, 29-31 in diesem Hass ist Schauder, Vorsicht, Tiefe, Fernblick, — es ist der
tiefste Hass, den es giebt. Um seinetwillen ist die Kunst tief...] In W II 7, 134
heißt es stattdessen: „In diesem Haß besteht die ganze Philosophie der Kunst"
(KSA 14, 426; NL 1888, KSA 13, 16[40], 499, 25 f.). Die Wendung „Philosophie
der Kunst" ist bei N. selten; sie nimmt (abgesehen von Schellings entsprechen-
den Vorlesungen von 1802/03) den Titel von Taine 1866 auf — einem von N.
einst eifrig studierten Werk (NPB 588 f.).

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125, 3-5 der ein europäisches Ereigniss gleich Goethe, gleich Hegel, gleich
Heinrich Heine ist, und nicht bloss ein lokales, ein „nationales"] Vgl. NK 151,
4 f. Hehn spricht in seinen Gedanken über Goethe, die N. für Goethe-Stellen in
WA und GD heranzieht (vgl. NK 106, 17-21), Heine das Deutschsein ab und verun-
glimpft ihn mit drastischen antisemitischen Stereotypen (Hehn 1888, 160-165).
Was bei Hehn ein Vorwurf ist, nämlich der Mangel an „nationaler" Einbindung
und Gesinnung, wird bei N. zu einer Auszeichnung. N. hatte sich gegen die Ver-
unglimpfung Heines in Franz Sandvoß' Besprechung von Hehns Buch im Kunst-
wart verwahrt, und zwar in einem Brief (im Entwurf erhalten) an den Kunstwart-
Herausgeber Ferdinand Avenarius, um den 20. 07. 1888, KSB 8, Nr. 1065, S. 359
(vgl. Müller-Buck 1986, 267 f. und passim; zur Französisierung Heines bei N. vgl.
ausführlich Reschke 2009 sowie NK KSA 6, 286, 14-24).
125, 6-14 nämlich als bösartig genialer Versuch, zu Gunsten einer nihilistischen
Gesammt-Abwerthung des Lebens gerade die Gegen-Instanzen, die grossen
Selbstbejahungen des „ Willens zum Leben", die Exuberanz-Formen des Lebens
 
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