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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0562
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Stellenkommentar GD Streifzüge, KSA 6, S. 148-149 543

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149, 2-7 das siebzehnte Jahrhundert Frankreichs ist bewunderungswürdig in
Beidem —, man muss in ihm ein Princip der Wahl, für Gesellschaft, Ort, Kleidung,
Geschlechtsbefriedigung gehabt haben, man muss Schönheit dem Vortheil, der
Gewohnheit, der Meinung, der Trägheit vorgezogen haben] Das siede classique
hat N. schon früh fasziniert — ein buntes Bild dieser Epoche konnte ihm neben
der Lektüre einiger Originalautoren beispielsweise die Lektüre von Honegger
1875, Taine 1877 und Saint-Ogan 1885, 171-243 vermitteln oder in literaturge-
schichtlicher Hinsicht von Brunetiere 1887 und Faguet o. J. In JGB 224, KSA 5,
158; JGB 253, KSA 5, 197 u. GM I 16, KSA 5, 287 wird die Vornehmheit dieser
Kultur und ihre Bedrohung im modernen Massenzeitalter betont.
149, 8 „gehen lassen"] Vgl. NK 143, 23.
149, 12-16 In Athen waren zur Zeit Cicero's, der darüber seine Überraschung
ausdrückt, die Männer und Jünglinge bei weitem den Frauen an Schönheit überle-
gen: aber welche Arbeit und Anstrengung im Dienste der Schönheit hatte
daselbst das männliche Geschlecht seit Jahrhunderten von sich verlangt!] Vgl.
NL 1883, KSA 10, 8[6], 328, 6-8: „In Athen waren die Männer schöner als die
Frauen — nach Cicero: dies ist aber wohl eine Folge der großen Arbeit an der
Schönheit, unter Einwirkung der Päderastie." Zu einem guten Teil handelt es
sich bei diesem Notat um ein Exzerpt aus Post 1880-1881, siehe KGW VII 4/1,
189 f. u. Stingelin 1991, jedoch offensichtlich nicht bei der fraglichen Passage
(zur Päderastie vgl. Post 1880-1881, 1, 284-286). Der Hinweis in KGW VII 4/1,
189 auf Espinas 1879 hilft ebenfalls nicht weiter. Cicero: De natura deorum I,
Kap. 28, 78 f. lässt zwar Cotta sagen, er habe in Athen unter der Masse von
Jünglingen kaum einen gefunden, den man als schön bezeichnen könnte („Dif-
ficili in loco versor. Est enim vis tanta naturae, ut homo nemo velit nisi hominis
similis esse. Et quidem formica formicae. Sed tamen cuius hominis? Quotus
enim quisque formonsus est: Athenis quum essem, e gregibus epheborum vix
singuli reperiebantur. Video, quid arriseris; sed ita tamen se res habet. Deinde
nobis, qui concedentibus philosophis antiquis adulescentulis delectamur,
etiam vitia saepe iucunda sunt." — Cicero 1850, 72; diese Stelle wird z. B.
bei Winckelmann, Wieland und Burckhardt zitiert. Übersetzung in der von N.
besessenen Ausgabe: „Ich befinde mich hier bei einem schwierigen Punkte.
Denn [allerdings] hat die Natur einen so gewaltigen Einfluß [auf die Bestim-
mung unserer Neigung], daß kein Mensch etwas Anderem, als einem Men-
schen, ähnlich seyn will. Doch eine Ameise auch [nichts Anderm als] einer
Ameise. Allein welchem Menschen? Denn der wievielste ist [wahrhaft] schön?
Als ich zu Athen war, fanden sich unter Schaaren heranreifender Jünglinge
 
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