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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0584
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Stellenkommentar GD Alten, KSA 6, S. 155 565

Unwirkliche dem Vorhandenen, — er war aber so sehr vom Werthe des Scheins
überzeugt, daß er ihm die Attribute ,Sein‘ ,Ursächlichkeit' und ,Gutheit', Wahr-
heit, kurz Alles Übrige beilegte, dem man Werth beilegt."
Dass Platon den Schein, nämlich (in N.s Verständnis) den Schein einer
metaphysischen Welt präferiert hat, wird narrativ verdichtet in GD Wie die
„wahre Welt" endlich zur Fabel wurde. Die antiken Urteile über Platons Vermi-
schung der künstlerischen und philosophischen Sphäre stellt beispielsweise
Ast 1816, 36, Fn. zusammen — ob die dort hauptsächlich genannten Autoren,
nämlich Dionysios von Halikarnassos und (Pseudo-) Longinos zu den „raffinir-
testen Geschmacksrichtern unter den Alten" zählen, sei dahingestellt. Eine
ausführliche Verteidigung dieser Kunst-Kritik an Platon konnte N. im zweiten
Band von Christoph Meiners Geschichte des Ursprungs, Fortgangs und Verfalls
der Wissenschaften in Griechenland und Rom finden (NPB 379, gekauft 1868,
heute verloren) — überhaupt eine Abrechnung mit Platon, die hinter N.s Invek-
tiven nur wenig zurücksteht. „Die größten Kenner des Griechischen Alterthums
hingegen tadelten an der Schreibart des Plato [...] mehrere Fehler, die kein
unpartheyischer Richter übersehen kann, und die gerade den Tugenden der
Sokratischen Rede am meisten entgegengesezt waren." (Meiners 1782, 2, 692)
„Platon suchte eine größere Ehre darin schön zu schreiben, als richtig zu den-
ken" (ebd., 693).
155, 21-24 Plato wirft, wie mir scheint, alle Formen des Stils durcheinander, er
ist damit ein erster decadent des Stils: er hat etwas Ähnliches auf dem Gewis-
sen, wie die Cyniker, die die satura Menippea erfanden.] Die Verbindung zwi-
schen den Dialogen Platons und der Menippeischen Satire — jenes auf den
Kyniker Menippos von Gadara (ca. 330-260 v. Chr.) zurückgehenden Genres
einer Vermischung von Vers- und Prosadichtung, von Ernst und Spaß, das
schließlich zum Inbegriff stilistischer und inhaltlicher Schrankenlosigkeit
wurde — stellt N. bereits in GT 14, KSA 1, 93, 19-33 her: „Wenn die Tragödie
alle früheren Kunstgattungen in sich aufgesaugt hatte, so darf dasselbe wie-
derum in einem excentrischen Sinne vom platonischen Dialoge gelten, der,
durch Mischung aller vorhandenen Stile und Formen erzeugt, zwischen Erzäh-
lung, Lyrik, Drama, zwischen Prosa und Poesie in der Mitte schwebt und damit
auch das strenge ältere Gesetz der einheitlichen sprachlichen Form durchbro-
chen hat; auf welchem Wege die cynischen Schriftsteller noch weiter gegan-
gen sind, die in der grössten Buntscheckigkeit des Stils, im Hin- und Her-
schwanken zwischen prosaischen und metrischen Formen auch das
litterarische Bild des ,rasenden Sokrates', den sie im Leben darzustellen pfleg-
ten, erreicht haben. Der platonische Dialog war gleichsam der Kahn, auf dem
sich die schiffbrüchige ältere Poesie sammt allen ihren Kindern rettete" (vgl.
 
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