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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0596
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Stellenkommentar GD Alten, KSA 6, S. 158-159 577

Theil des Gottesdienstes fest."] Vgl. Arnobius 1842, 564: „Um die mancherlei
Kultusgebräuche und Sagen der Griechen doch auf irgend eine Weise zu erklä-
ren, hat Lobeck Aglaoph. I, 672 flg. folgende Methode anzunehmen beliebt. Er
sagt: ,die Griechen, hatten sie nichts Anderes zu thun, so lachten, sprangen,
rasten sie umher, oder, da der Mensch auch dazu mitunter besondere Lust hat,
so saßen sie nieder, weinten und jammerten. Andere kamen dann später dazu
und suchten doch irgend einen Grund für dieß auffallende Wesen, und so
entstanden zur Erklärung jener Gebräuche zahllose Festsagen und Mythen. Auf
der andren Seite glaubte man, jenes possirliche Treiben, welches nun einmal
an den Festtagen stattfand, gehöre auch nothwendig zur Festfeier, und hielt es
als einen unentbehrlichen Theil des Gottesdienstes fest.'" (N. hat die Stelle mit
drei Randstrichen markiert). Lobecks Werk ist lateinisch geschrieben; Besnards
Übertragung ist recht frei, um nicht zu sagen: tendenziös, vgl. das Original
Lobeck 1829, 1, 672-674. Zur Interpretation siehe NK KSA 6, 310, 15-18.
159, 4-11 Ganz anders berührt es uns, wenn wir den Begriff „griechisch" prüfen,
den Winckelmann und Goethe sich gebildet haben, und ihn unverträglich mit
jenem Elemente finden, aus dem die dionysische Kunst wächst, — mit dem Orgi-
asmus. Ich zweifle in der That nicht daran, dass Goethe etwas Derartiges grund-
sätzlich aus den Möglichkeiten der griechischen Seele ausgeschlossen hätte.
Folglich verstand Goethe die Griechen nicht.] Goethes klassizisti-
sche Sicht auf die Antike hat N. etwa bei Hehn 1888 dargestellt gefunden: „sein
Bekenntniß in den Propyläen und der Schrift über Winckelmann lautete [...]:
er blieb bei seinem humanen Heidenthum, erfrischte sich an der Gesundheit
der klassischen Kunst und die /132/ Scenen des griechischen Mythus sprachen
ihn als Stoffe künstlerischer Darstellung mehr an, als die widrigen Legenden
und abgezehrten Heiligen des christlichen Mittelalters." (Ebd., 131 f.) 159, 4-11
markiert die dezidierte Absetzung von Goethe, den N. eben noch hochgelobt
hatte, vgl. NK 154, 5-8 und zur Interpretation z. B. Müller-Lauter 1999b, 21 f.
159, 14-22 Was verbürgte sich der Hellene mit diesen Mysterien? Das ewige
Leben, die ewige Wiederkehr des Lebens; die Zukunft in der Vergangenheit ver-
heissen und geweiht; das triumphirende Ja zum Leben über Tod und Wandel
hinaus; das wahre Leben als das Gesammt-Fortleben durch die Zeugung, durch
die Mysterien der Geschlechtlichkeit. Den Griechen war deshalb das ge-
schlechtliche Symbol das ehrwürdige Symbol an sich, der eigentliche Tief-
sinn innerhalb der ganzen antiken Frömmigkeit.] Ebanoidse 1998, 554-556 weist
nach, dass sich N. mit dieser scheinbar so eigenständigen Deutung der griechi-
schen Mysterienkulte eng an Besnards Deutung anschloss (Arnobius 1842, 552-
559). Das Motiv des ewigen Lebens und der Todesüberwindung durch Dionysos
ist dort ebenso vertreten wie das Thema der Zeugung, der Geschlechtlichkeit
 
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