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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0088
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Stellenkommentar AC 10, KSA 6, S. 175-176 65

des Lebens sind erstrebenswert, sondern auch dessen Rechtfertigung, die aus
der Positivität von Bejahung, Steigerung, Triumph zu folgen scheint. Das fakti-
sche Dasein von Lebewesen reicht offenbar zur Selbstlegitimation des Lebens
nicht aus. Es bedarf erst der Selbstüberhebung, der Entgrenzung, um gerecht-
fertigt zu sein. Leben legitimiert sich bei N. im Rückgriff auf die eigenen Kom-
parative und Superlative. Es ist nicht zu reduzieren auf schieres Dasein. Viel-
mehr ist es, in seiner positiven Konnotation, Selbstüberschreitung, Steige-
rung — und nichts außerdem. N.s Überlegung macht dann im 20. Jahrhundert
auch noch theologische Karriere, siehe Tillich 1969, 31: „Das Leben, das gewillt
ist, sich zu überwinden, ist das gute Leben, und das gute Leben ist das mutige
Leben."
176, 3 nothwendig] Im Druckmanuskript korrigiert aus: „immer" (KSA 14, 438).
176, 9 f. der Wille zum Ende, der nihilistische Wille will zur Macht...] Zur
Begrifflichkeit siehe NK KSA 6, 12, 3. Müller-Lauter 1971, 75 deutet 176, 9 f. so,
dass auch der sich in der decadence äußernde Wille zum Ende oder Wille zum
Nichts eine Ausprägung des Willens zur Macht darstelle. Insofern sei dieser
Willensbegriff eindeutig von demjenigen Schopenhauers zu unterscheiden. Ein
„Machtwille zum Nichts" würde nur dann eine Absurdität darstellen, wenn N.
den Willen zur Macht als ein metaphysisches Grundprinzip postulieren sollte,
„das sich aus sich selbst heraus entfaltet und sich in sich selbst emporsteigert".
Demgegenüber gehe N. von einer Pluralität von Machtwillen aus, die miteinan-
der im Kampfe liegen, so dass im Verhältnis zweier Willen zueinander ein
Wille stets der stärkere und der andere der schwächere sei. Der schwächere
Machtwille, der zum stärkeren werden will, reagiert auf die Stärke des anderen,
indem er diese verurteilt und verneint. Müller-Lauter versteht den Willen zum
Nichts als „Gegen-Willen", der den Schwachen zum Mittel dient, die Herrschaft
über die Starken zu gewinnen. Der Wille zum Nichts sei somit „ein Wille zur
Macht, der sich als dieser verbirgt. [...] Er gebärdet sich als der absolute Gegen-
satz zum Leben, um in diesem gegen es zu wirken. In Wirklichkeit tritt er nicht
aus dem Leben heraus, sind doch alle Gegensätze lebensimmanent." (Ebd.,
77 f.) Vgl. auch NK KSA 6, 134, 1.

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176, 12 f. Unter Deutschen versteht man sofort, wenn ich sage, dass die Philoso-
phie durch Theologen-Blut verderbt ist.] Vgl. z. B. FW 357, KSA 3, 597-602 u. NK
176, 15.
 
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