Stellenkommentar EH weise, KSA 6, S. 272 385
Hitze, der Müdigkeit und des Hungers ertragen haben. Der russische Soldat ist
der ausdauerndste in Europa; in dieser Hinsicht könnte man mit ihm nur sei-
nen säkularen Gegner vergleichen, den türkischen Soldaten. Der eine wie der
andere hat eine Leidensfähigkeit, die den westlichen Völkern fremd ist.") Zum
Winterschlaf siehe NK 272, 24 f.
272, 24 f. Ein paar Schritte weiter in dieser Logik, und man hat den Fakir, der
wochenlang in einem Grabe schläft...] Vgl. z. B. Hellenbach 1885, 303, der im
Zusammenhang mit der Erweckung des seines Erachtens bloß scheintoten
Lazarus durch den „Hellseher" Jesus neben allerlei sonstigen medizinhistori-
schen Kuriositäten notiert: „Die Fakire legen sich auf Tage und Wochen ins
Grab". Anonym 1883, 197-199 beleuchtet in der Besprechung von James Braids
Hypnotismus (Berlin 1882) die Analogie von wochenlanger Grabesruhe der
Fakire und dem Winterschlaf als einer Art von kataleptischer Starre. Braid
selbst erwähnt die Selbsthypnotisierungskraft der Fakire (Preyer 1881, 67). Aus-
gangspunkt all dieser Überlegungen in der zeitgenössischen Literatur und bei
N. ist der Aufsatz Beobachtungen über die Katalepsie und den Winterschlaf beim
Menschen von James Braid, den N. in Braid 1882, 39-93 gelesen haben könnte
(er erwähnt den Band auf einer Bücherliste in NL 1886/87, KSA 12, 5[110], 229 =
KGW IX 3, N VII 3, 188, 3-22). Darin wird sehr ausführlich der „starrkrampfähn-
liche[.] oder kataleptische[.] Zustand" besprochen, in den sich Fakire und
andere hypnotisch Begabte hineinversetzen können, „wobei sie dann wie die
Thiere im Winterschlaf alle Lebensthätigkeit auf den geringsten Grad herabset-
zen, welcher noch mit der Fortdauer der Existenz und der Wiederherstellung
der früheren Beweglichkeit vereinbar ist" (Braid 1882, 43 f.; zur Definition von
Winterschlaf ebd., 72-74). Braid prüft ausführlich die englischen Berichte aus
Indien, wonach Fakire wochenlang bewegungslos und ohne Nahrungsauf-
nahme im Grab zu liegen vermögen.
In EH Warum ich so weise bin 6 verbindet N. seine Informationen über die
willentliche Stoffwechselherabsetzung bei den Fakiren nach Braid 1882 mit
dem ethnographischen Wissen aus Leroy-Beaulieu 1883, um daraus ein kultur-
übergreifendes Bild der dem Menschen möglichen physiologischen Selbstbe-
herrschung zu gewinnen. Die starke Heterogenität der beiden Quellen interes-
siert ihn dabei ebensowenig wie deren ursprüngliche Intentionen. N. macht
sich das Gelesene nur als Material zunutze. Zur Braid-Rezeption siehe Brusotti
2001, 121-123.
272, 29-34 Der Ärger, die krankhafte Verletzlichkeit, die Ohnmacht zur Rache,
die Lust, der Durst nach der Rache, das Giftmischen in jedem Sinne — das ist
für Erschöpfte sicherlich die nachtheiligste Art zu reagiren: ein rapider Verbrauch
von Nervenkraft, eine krankhafte Steigerung schädlicher Ausleerungen, zum Bei-
Hitze, der Müdigkeit und des Hungers ertragen haben. Der russische Soldat ist
der ausdauerndste in Europa; in dieser Hinsicht könnte man mit ihm nur sei-
nen säkularen Gegner vergleichen, den türkischen Soldaten. Der eine wie der
andere hat eine Leidensfähigkeit, die den westlichen Völkern fremd ist.") Zum
Winterschlaf siehe NK 272, 24 f.
272, 24 f. Ein paar Schritte weiter in dieser Logik, und man hat den Fakir, der
wochenlang in einem Grabe schläft...] Vgl. z. B. Hellenbach 1885, 303, der im
Zusammenhang mit der Erweckung des seines Erachtens bloß scheintoten
Lazarus durch den „Hellseher" Jesus neben allerlei sonstigen medizinhistori-
schen Kuriositäten notiert: „Die Fakire legen sich auf Tage und Wochen ins
Grab". Anonym 1883, 197-199 beleuchtet in der Besprechung von James Braids
Hypnotismus (Berlin 1882) die Analogie von wochenlanger Grabesruhe der
Fakire und dem Winterschlaf als einer Art von kataleptischer Starre. Braid
selbst erwähnt die Selbsthypnotisierungskraft der Fakire (Preyer 1881, 67). Aus-
gangspunkt all dieser Überlegungen in der zeitgenössischen Literatur und bei
N. ist der Aufsatz Beobachtungen über die Katalepsie und den Winterschlaf beim
Menschen von James Braid, den N. in Braid 1882, 39-93 gelesen haben könnte
(er erwähnt den Band auf einer Bücherliste in NL 1886/87, KSA 12, 5[110], 229 =
KGW IX 3, N VII 3, 188, 3-22). Darin wird sehr ausführlich der „starrkrampfähn-
liche[.] oder kataleptische[.] Zustand" besprochen, in den sich Fakire und
andere hypnotisch Begabte hineinversetzen können, „wobei sie dann wie die
Thiere im Winterschlaf alle Lebensthätigkeit auf den geringsten Grad herabset-
zen, welcher noch mit der Fortdauer der Existenz und der Wiederherstellung
der früheren Beweglichkeit vereinbar ist" (Braid 1882, 43 f.; zur Definition von
Winterschlaf ebd., 72-74). Braid prüft ausführlich die englischen Berichte aus
Indien, wonach Fakire wochenlang bewegungslos und ohne Nahrungsauf-
nahme im Grab zu liegen vermögen.
In EH Warum ich so weise bin 6 verbindet N. seine Informationen über die
willentliche Stoffwechselherabsetzung bei den Fakiren nach Braid 1882 mit
dem ethnographischen Wissen aus Leroy-Beaulieu 1883, um daraus ein kultur-
übergreifendes Bild der dem Menschen möglichen physiologischen Selbstbe-
herrschung zu gewinnen. Die starke Heterogenität der beiden Quellen interes-
siert ihn dabei ebensowenig wie deren ursprüngliche Intentionen. N. macht
sich das Gelesene nur als Material zunutze. Zur Braid-Rezeption siehe Brusotti
2001, 121-123.
272, 29-34 Der Ärger, die krankhafte Verletzlichkeit, die Ohnmacht zur Rache,
die Lust, der Durst nach der Rache, das Giftmischen in jedem Sinne — das ist
für Erschöpfte sicherlich die nachtheiligste Art zu reagiren: ein rapider Verbrauch
von Nervenkraft, eine krankhafte Steigerung schädlicher Ausleerungen, zum Bei-