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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0421
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398 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

vous avez compris que toute l'erreur est dans la croyance ä l'ancien dieu. / —
Enfin tu as compris! s'ecria Kiriloff enthousiasme. — On peut donc com-
prendre, si meme un homme comme toi a compris! Tu comprends maintenant
que le salut pour l'humanite consiste ä lui prouver cette pensee. Qui la prou-
vera? Moi! Je ne comprends pas comment jusqu'ä present l'athee a pu savoir
qu'il n'y a point de Dieu et ne pas se tuer tout de suite! Sentir que Dieu n'existe
pas, et ne pas sentir du meme coup qu'on est soi-meme devenu dieu, c'est une
absurdite, autrement on ne manquerait pas de se tuer. Si tu sens cela, tu es
un tzar, et, loin de te tuer, tu vivras au comble de la gloire. Mais celui-lä seul,
qui est le premier, doit absolument se tuer" (Dostoievsky 1886a, 2, 338). Kiriloff
hat also die Formel vom „Heil der Menschheit" bereits in ihr Gegenteil verkehrt
und für seine atheistische Botschaft in Anspruch genommen. N. wiederum
setzt nicht mehr auf die Heilsträchtigkeit eines solchen atheistischen Bekennt-
nisses, sondern beschränkt Heil auf Ernährung, siedelt es damit jenseits aller
religiösen und antireligiösen Belange an.
279, 8 f. Virtü im Renaissance-Stile] Vgl. NK KSA 6, 170, 8-10.
279, 9 von moralinfreier Tugend] Vgl. AC 2, KSA 6, 170, 8-10 u. NK KSA 6, 240,
5 u. KSA 6, 18, 19.
279, 15-20 Diese „Bildung", welche von vornherein die Realitäten aus den
Augen verlieren lehrt, um durchaus problematischen, sogenannten „idealen" Zie-
len nachzujagen, zum Beispiel der „klassischen Bildung": — als ob es nicht von
vornherein verurtheilt wäre, „klassisch" und „deutsch" in Einen Begriff zu eini-
gen! Mehr noch, es wirkt erheiternd] Vgl. GD Was den Deutschen abgeht 5,
KSA 6, 107 f. In ZB 2, KSA 1, 672-692 glaubte N. freilich noch, dass das Klas-
sisch(-Antik)e mit dem Deutschen zusammenzubringen sei, während er später
dem „Wort ,klassisch"' — das er gegen David Friedrich Strauß als „klassi-
sche[n] Schreibekünstler" (UB I DS 5, KSA 1, 186, 19 f.) auch ironisch ins Feld
führte — misstraut: „es ist bei weitem zu abgebraucht, zu rund und unkennt-
lich geworden" (FW 370, KSA 3, 622, 23 f.).
279, 20 f. man denke sich einmal einen „klassisch gebildeten" Leipziger!] Die
breite sächsische Mundart, die in Leipzig gesprochen wurde, musste noch in
der damals maßgebenden Monographie von Karl Albrecht (Die Leipziger Mund-
art. Grammatik und Wörterbuch der Leipziger Volkssprache) dagegen verteidigt
werden, mit Bildung nicht kompatibel zu sein, siehe Albrecht 1881, III f. Dass
ein „klassisch gebildeter Leipziger" ein Unding sei, kann auch als Seitenhieb
auf N.s eigenen philologischen Lehrer Friedrich Ritschl verstanden werden, der
1865 einem Ruf nach Leipzig folgte und dort bis zu seinem Tod 1876 tätig war.
N. selbst ging im Gefolge Ritschls von Bonn nach Leipzig.
 
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