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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0442
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Stellenkommentar EH klug, KSA 6, S. 286 419

tiert.'") Ohne Nennung Stendhals taucht der Gedanke travestiert in AC 52,
KSA 6, 234, 6-8 wieder auf.
286, 11 f. Ich selbst habe irgendwo gesagt: was war der grösste Einwand gegen
das Dasein bisher? Gott...] Nämlich in GD Die vier grossen Irrthümer 8, KSA 6,
97, 5 f.

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286, 14-24 Den höchsten Begriff vom Lyriker hat mir Heinrich Heine gege-
ben. Ich suche umsonst in allen Reichen der Jahrtausende nach einer gleich
süssen und leidenschaftlichen Musik. Er besass jene göttliche Bosheit, ohne die
ich mir das Vollkommne nicht zu denken vermag, — ich schätze den Werth von
Menschen, von Rassen darnach ab, wie nothwendig sie den Gott nicht abgetrennt
vom Satyr zu verstehen wissen. — Und wie er das Deutsche handhabt! Man wird
einmal sagen, dass Heine und ich bei weitem die ersten Artisten der deutschen
Sprache gewesen sind — in einer unausrechenbaren Entfernung von Allem, was
blosse Deutsche mit ihr gemacht haben.] Vgl. NK KSA 6, 125, 3-5. Gegen Hehn
1888 hält N. Heines antideutsche Spitzen für rühmenswert und integriert ihn
hier ganz in den französisch-europäischen Kulturhorizont, während er den
Dichter in NL 1887, KSA 12, 9[53], 361 und NL 1888, KSA 13, 18[3], 532 f. (KGW
IX 6, W II 1, 103, 2-12) explizit als Jude betrachtet, der „Genie" und „supremste
Form der Geistigkeit" nur „gestreift" habe. Wenn N. Heine in 286, 14-24 als
den herausragendsten deutschsprachigen Lyriker lobt, kann man darin mit
Vivarelli 2011, 16 auch eine versteckte Replik auf Wagners Behauptung in sei-
nem Pamphlet Das Judenthum in der Musik sehen, die Juden sprächen zwar
die Sprache ihrer Gastländer, diese Sprache bliebe ihnen aber eine Fremdspra-
che, so dass sie darin nie die Stufe der Genialität erreichen oder „wirklich
redend dichten oder Kunstwerke schaffen" könnten (Wagner 1871-1873, 5,
90 f. = Wagner 1907, 5, 71). Zur Rezeption Heines bei den „feineren und
anspruchsvolleren Lyrikern von Paris" lässt sich N. schon in JGB 254, KSA 5,
198, 24 f. vernehmen — ein Passus, den er in NW Wohin Wagner gehört, KSA 6,
427, 26 nach Bourget 1889a, 1, 20 noch um den Einschub ergänzt: „l'adorable
Heine sagt man in Paris". In Baudelaires (Euvres posthumes et correspondances
inedites (1887) las N. Anfang 1888 dessen Verteidigung Heines gegen Jules Janin
(vgl. N.s Brief an Köselitz, 26. 02. 1888, KSB 8, Nr. 1000, S. 264, siehe zum
kulturgeschichtlichen Kontext Häfner 2006, 507 f., ferner Reschke 2009).
Vor 286, 14-24 hat sich N. öffentlich nie derart enthusiastisch über Heine
geäußert; seine Bemerkungen sind ansonsten sporadisch. In seiner Bibliothek
 
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