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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0475
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452 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

schriftstellerischen und andern, finden kann. Bücher bedeuten aber Werke nur
unter der Bedingung, daß sie auch formell vollendet sind. Dies empfand wohl
unser Philosoph, und vor seinem gigantischen Schatten erschreckend,
schlüpfte er plötzlich in eine poetische Form. Wir begrüßen diese Erkenntnis
und möchten nur noch wünschen, daß der Form der Inhalt entspräche und
daß das Tiefe und das Schöne nicht mehr getrennt erschienen; der ,Zara-
thustra' bedeutet einstweilen statt eines Fortschrittes vielmehr einen Seiten-
sprung, und zwar nach einer Seite, in welcher wir nicht Nietzsches Bahn zu
sehen glauben, da er schwerlich in der Poesie seine Heimat hat; aber der ,Zara-
thustra' kann dem Autor als ein heller Spiegel dienen, in dessen Licht er seinen
Prosastil prüfe, um denselben den Gedanken zu adäquieren." (KGB III 7/3, 2,
S. 971) N. wollte die Besprechung zunächst an Interessierte schicken lassen,
hat dann aber wegen eines gegen GM gerichteten, von N. als taktlos empfunde-
nen Satzes davon abgesehen (vgl. N. an Widmann, 04. 02. 1888, unvollständig
in KSB 8, Nr. 986, S. 245, integral faksimiliert und kommentiert in Rosenthal /
Bloch / Hoffmann 2009, 182 f.).
299, 28-33 Durch eine kleine Tücke von Zufall war hier jeder Satz, mit einer
Folgerichtigkeit, die ich bewundert habe, eine auf den Kopf gestellte Wahrheit:
man hatte im Grunde Nichts zu thun, als alle „Werthe umzuwerthen", um, auf
eine sogar bemerkenswerthe Weise, über mich den Nagel auf den Kopf zu tref-
fen — statt meinen Kopf mit einem Nagel zu treffen...] Korrigiert aus: „Nicht,
daß es in einem oder im andren Falle an ,gutem Willen' gefehlt hätte; noch
weniger, an Intelligenz. Herr Spitteler gilt mir sogar als einer der Willkommens-
ten und Feinsten unter denen, die heute Kritik üben; sein Werk über das fran-
zösische Drama — noch nicht herausgegeben — ist vielleicht ersten Ranges."
(KSA 14, 481).
Die Änderung teilte N. in der zweiten Dezemberhälfte 1888 seinem Drucker
mit: „Im ersten Abschnitt des dritten Hauptcapitels warum ich so
gute Bücher schreibe ist in der Mitte etwa ein kleines Stück, das mit den
Worten beginnt Nicht, daß es hier an Intelligenz gefehlt hätte, noch weniger
an gutem Willen durch das, was folgt zu ersetzen." (KSA 14, 481) N. hatte
versucht, für Spittelers „ästhetische[.] Abhandlungen einen Verleger" zu finden
(N. an Overbeck, 17. 09. 1887, KSB 8, Nr. 913, S. 158, Z. 55 f.).
300, 11-25 Wer Etwas von mir verstanden zu haben glaubte, hat sich Etwas aus
mir zurecht gemacht, nach seinem Bilde, — nicht selten einen Gegensatz von mir,
zum Beispiel einen „Idealisten"; wer Nichts von mir verstanden hatte, leugnete,
dass ich überhaupt in Betracht käme. — Das Wort „Übermensch" zur Bezeich-
nung eines Typus höchster Wohlgerathenheit, im Gegensatz zu „modernen" Men-
schen, zu „guten" Menschen, zu Christen und andren Nihilisten — ein Wort, das
 
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