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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0601
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578 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

Stil analysierte: „Ich verlange, daß, wenn diese Absicht sich ändert, man auch
unerbittlich das ganze Prozedurensystem des Stils ändert. Dies habe ich
zum Beispiel im ,Jenseits' gethan, dessen Stil meinem früheren Stil nicht mehr
ähnlich sieht: die Absicht, das Schwergewicht war verlegt. Dies habe ich
nochmals in der letzten ,Streitschrift' [sc. GM] gethan, wo ein Allegro feroce
und die Leidenschaft nue, crue, verte an Stelle der raffinirten Neutralität und
zögernden Vorwärtsbewegung vom Jenseits' getreten ist." (KSB 8, Nr. 985,
S. 244 f., Z. 28-36).
352, 13 f. unter vollkommen schauerlichen Detonationen] Für Explosionsmeta-
phern hat N. im Spätwerk eine besondere Schwäche, vgl. NK 365, 7 f.
352, 15-17 Die Wahrheit der ersten Abhandlung ist die Psychologie des Chris-
tenthums: die Geburt des Christenthums aus dem Geiste des Ressentiment] Dem
Titel nach beschäftigt sich diese erste Abhandlung (KSA 5, 257-289) mit ,„Gut
und Böse', ,Gut und Schlecht'" (KSA 5, 257, 2). Diese beiden Begriffspaare dien-
ten N. mit Hilfe kühner etymologischer Hypothesen zur Unterscheidung der
einander entgegengesetzten Moral-Typen, nämlich (nach JGB 260, KSA 5, 208,
25, 5 f.) einer „Herren-Moral" und einer „Sklaven-Moral". Die Moral
der Sklaven, die die Unterscheidung „Gut und Böse" gegen die aristokratische
Unterscheidung „Gut und Schlecht" gesetzt hätten, um damit ihre Herren als
„böse" zu verteufeln, gründe im Ressentiment. Im Christentum wiederum, auf
das N. ausdrücklich gegen Schluss der Abhandlung zu sprechen kam (GM I
14-16, KSA 5, 281-288), vollende sich der Sklavenaufstand in der Moral; das
Ressentiment erscheint darin als dominantes Handlungsmotiv.
352, 17 f. nicht, wie wohl geglaubt wird, aus dem „Geiste"] Der Apostelge-
schichte (2, 1-41) zufolge kam der Heilige Geist auf die Apostel herab. Aus
diesem Pfingstwunder ist nach traditioneller christlicher Auffassung die Kirche
hervorgegangen.
352, 20 f. Die zweite Abhandlung giebt die Psychologie des Gewissens]
Gemäß Titel behandelt sie (KSA 5, 291-337): „,Schuld', ,schlechtes Gewissen'
und Verwandtes" (KSA 5, 291, 2 f.) und untersucht zunächst, wie durch Grau-
samkeit dem Menschen in seiner Vorgeschichte und Geschichte „ein Gedächt-
niss gemacht" (GM II 3, KSA 5, 296, 22) wurde. Sodann hätten Erobererstämme
durch drakonische Maßnahmen der unterworfenen Bevölkerung Instinktunter-
drückung und eine Wendung der Grausamkeit nach innen abverlangt. Diese
Vorform des Gewissens wurde dann moralisierend zu jenem „schlechten
Gewissen" fortentwickelt, das für N. sprechender Ausdruck einer sklavischen
Haltung ist.
352, 21 f. dasselbe ist nicht, wie wohl geglaubt wird, „die Stimme Gottes im
Menschen"] Dass das Gewissen dies nicht sei, hatte N. bereits in MA II WS 52
 
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