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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0603
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580 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

ist, was wohl geglaubt wird, sondern faute de mieux, — weil es das einzige Ideal
bisher war, weil es keinen Concurrenten hatte.] Die dritte Abhandlung (KSA 5,
339-412) trägt den als Frage formulierten Titel: „was bedeuten asketische
Ideale?" (KSA 5, 339, 2) Sie wird in EH GM umformuliert in die Frage, weshalb
das asketische Ideal (jetzt im Singular!) der Priester sich durchgesetzt habe.
Die Antwort auf diese Frage, nämlich die Konkurrenzlosigkeit des Ideals, wirft
die Folgefrage auf, weshalb die Starken und Vornehmen überhaupt eines Ide-
als bedürfen sollten. Die Idealbedürftigkeit könnte selbst bereits ein Indiz für
decadence sein (vgl. z. B. GD Vorwort, KSA 6, 57 f.).
353, 4 Wille zum Ende] Vgl. NK KSA 6, 12, 3.
353, 7f. „Denn der Mensch will lieber noch das Nichts wollen als nicht wol-
len"...] Das ist kein ganz wörtliches Zitat. Die beiden Vorlagen für diese Sentenz
rahmen die dritte Abhandlung ein; sie stehen im ersten und im letzten
Abschnitt: „Dass aber überhaupt das asketische Ideal dem Menschen so viel
bedeutet hat, darin drückt sich die Grundthatsache des menschlichen Willens
aus, sein horror vacui: er braucht ein Ziel, — und eher will er noch das
Nichts wollen, als nicht wollen." (GM III 1, KSA 5, 339, 23-27) Sodann der
letzte Satz des Buches: „Und, um es noch zum Schluss zu sagen, was ich
Anfangs sagte: lieber will noch der Mensch das Nichts wollen, als nicht
wollen..." (GM III 28, KSA 5, 412, 14-16).
353, 9 f. Vor allem fehlte ein Gegen-Ideal — bis auf Zarathustra.] Den
Begriff des Ideals gebrauchte N. im Spätwerk ansonsten abwertend-negativ
(vgl. z. B. NK KSA 6, 61, 4 f. u. NK KSA 6, 131, 4-7), aber offensichtlich gab es für
ihn doch die Notwendigkeit eines „Gegen-Ideals", das strukturell die gleiche
adhortative Funktion hätte wie das Ideal der traditionellen Moral auch.
353, 10-12 Man hat mich verstanden. Drei entscheidende Vorarbeiten eines Psy-
chologen für eine Umwerthung aller Werthe.] Das Stichwort des „Versuch[s] der
Umwerthung aller Werthe" benutzte N. erstmals in NL 1884, KSA 11, 26[259],
218 als Untertitel eines nie geschriebenen Werkes „Philosophie der ewigen Wie-
derkunft". Der hintere Buchumschlag zur Erstausgabe von Jenseits von Gut und
Böse stellte dann ein Werk „Der Wille zur Macht. Versuch einer Umwerthung
aller Werthe" (KGW VI 2, 257) in Aussicht; mit gleichem Titel und Untertitel tat
N. dies auch in GM III 27, KSA 5, 409. GM I 8 nahm die Formel hingegen für
die angeblich im Judentum vollzogene und im Christentum universalisierte
sklavenmoralische Verkehrung der ursprünglichen Herren-Moral in Anspruch:
„Gewiss ist wenigstens, dass sub hoc signo [sc. unter dem Zeichen Christi]
Israel mit seiner Rache und Umwerthung aller Werthe bisher über alle anderen
Ideale, über alle vornehmeren Ideale immer wieder triumphirt hat." (KSA 5,
269, 18-21) Zum Thema ausführlich NK ÜK AC.
 
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