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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0678
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Überblickskommentar 655

von aller Wahrheit!
Nur Narr! Nur Dichter!..." (380, 17-21)
Der Intensivierung des Ausdrucks dient weiterhin die isolierende Nach-Stel-
lung von Adjektiven, die in normaler Syntax vor dem Substantiv stehen. So
beschwört die letzte Zeile des ersten Abschnitts „blendende Sonnen-Gluthbli-
cke, schadenfrohe" (377, 15), und in der dritten Zeile des folgenden Abschnitts
erscheint der Dichter als „ein Thier, ein listiges, raubendes, schleichendes"
(377, 18). Zugleich bedient sich N. in der zuletzt zitierten Zeile der seit jeher zu
seinen rhetorischen Grundfiguren gehörenden amplificatio: der intensivieren-
den Häufung, die alsbald auch am Beginn des folgenden dritten Abschnitts
durch ein scharf markierendes Asyndeton auffällt: „Nicht still, starr, glatt, kalt"
(378, 13). Nicht die Verwendung von rhetorischen Figuren an sich, sondern erst
die Überhäufung mit Derartigen macht das Charakteristikum dieses Stils, den
N. an Wagner — und nahezu alles, was er gegen Wagner sagt, ist ad se ipsum
gesprochen — kritisiert: das „espressivo um jeden Preis" (WA 11, KSA 6, 38,
33), wenn nicht gar das „Sursum! Bumbum!" (WA 6, KSA 6, 25, 31). Zu solchem
espressivo gehört in dem Dithyrambus Nur Narr! Nur Dichter! etwa folgender
Kurzabschnitt mit seiner Anadiplosis (Wortverdopplung) am Beginn und mit
seiner dreimaligen Wortwiederholung „Seligkeit":
„das, das ist deine Seligkeit,
eines Panthers und Adlers Seligkeit,
eines Dichters und Narren Seligkeit!..." (379, 28-30)
Wenn die von N. schon in den Frühschriften häufig verwendete figura etymolo-
gica allein für sich genommen (379, 6: „in immer tiefere Tiefen ringeln") noch
durchaus angemessen erscheinen mag, so steht sie doch in einem entfesselten
Kontext, der die Grenzen der Syntax sowohl wie des bildlichen Ausdrucks
sprengt, bis hin zu offenkundigen Entgleisungen, um sich schließlich in
Katachresen, in ausufernden Assoziationen, Assonanzen und Alliterationen zu
verlieren:
„dass du in Urwäldern
mit lüsternen Lefzen,
[...]
Oder dem Adler gleich, der lange,
lange starr in Abgründe blickt,
in seine Abgründe...
— oh wie sie [Subjekt: die Abgründe] sich hier hinab,
 
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