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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0741
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718 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen

greift N. das Motiv der Diffamierung der Deutschen als geistlos auf, das er z. B.
in GD Was den Deutschen abgeht, KSA 6, 103-110 ausgebreitet hat.
Die Triple alliance oder Dreibund meint das 1882 geschlossene Verteidi-
gungsbündnis zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Italien,
das einem Vertragspartner bei Angriffen eines Drittstaates die militärische
Hilfe der jeweils anderen Vertragspartner zusicherte. Alle fünf Jahre wurde der
Vertrag erneuert und bestand zumindest formell bis 1915 fort. In N.s Werken
und Nachlass taucht Dreibund oder Triple alliance bis 1888 nirgends auf, um
dann im Dezember 1888 die plastische Darstellung der eigenen weltgeschichtli-
chen Bedeutung zu untermauern. So heißt es in einem Briefentwurf an Helen
Zimmern wohl vom 08. 12. 1888: „das, was ich in den nächsten zwei Jahren
thue, ist der Art, unsere ganze bestehende Ordnung, ,Reich' ,Triple allianz'
und wie all diese Herrlichkeiten heißen über den Haufen zu werfen" (KSB 8,
Nr. 1180, S. 511 f., Z. 5-8). Und an Brandes Anfang Dezember 1888: „Alles, was
heute oben auf ist, Triple-Allianz, sociale Frage geht vollständig über in eine
Individuen-Gegensatz-Bildung" (KSB 8, Nr. 1170, S. 500, Z. 8-10). Konkreter
wird dies entfaltet in NL 1888, KSA 13, 25[6]2, 640, 23-641, 7: „Ich kenne Nichts,
was dem erhabenen Sinne meiner Aufgabe tiefer wider(stünde als) diese
fluchwürdige Aufreizung zur Völker-, zur Rassen-Selbstsucht, die jetzt auf den
(Namen) ,große Politik' Anspruch macht; ich habe kein Wort um meine Verach-
tung vor dem (geistigen) Niveau auszudrücken, das jetzt in Gestalt des deut-
schen Reichskanzlers und mit den preuß(ischen) Offizier-Attitüden des Hauses
Hohenzollern sich zu Lenkern der Geschichte der Menschheit be(rufen) glaubt,
diese niedrigste Species Mensch, die nicht einmal dort fragen gelernt hat, (wo
ich) zerschmetternde Blitzschläge von Antworten nöthig habe, an der die ganze
Arbeit der g(eistigen Rech)tschaffenheit von Jahrhunderten umsonst gewesen
ist — das steht zu tief unter mir, als (daß e)s auch nur die Ehre meiner
Gegnerschaft haben dürfte. Mögen sie ihre Kartenhäuser (bau)en! für mich sind
,Reiche' und ,Tripel-Allianzen' Kartenhäuser... Das ruht auf Voraussetzungen,
die ich in der Hand habe... Es giebt mehr Dynamit zwischen (Himm)el und
Erde als diese gepurpurten Idioten sich träumen lassen..." Triple alliance wird
also zum Inbegriff der von N. gerade abgelehnten Nationalstaatspolitik, die zu
Unrecht „große Politik" sein will. Entsprechend sieht er sie mit seiner Umwer-
tung aller Werte wie ein Kartenhaus einstürzen.
Das erneute Aufgreifen des Themas an Weihnachten 1888, wie das Vorwort
von NW datiert ist (415, 17), hängt mit dem politischen Tagesgeschehen zusam-
men, über das sich N. im Journal des Debats unterrichtet haben dürfte. Dort
ist etwa davon die Rede, dass Deutschland, Österreich und Italien dank Crispi
in bestem Einvernehmen seien (Journal des Debats, 23. 12. 1888, S. 1). Zwei
Tage später hieß es, dass man in Berlin den jüngsten Sieg Crispis im Parlament
 
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