Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0750
Lizenz: In Copyright
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stellenkommentar NW Einwände, KSA 6, S. 419 727

419, 16-21 ich habe gegen das Theater, diese Massen-Kunst par excellence,
den tiefen Hohn auf dem Grunde meiner Seele, den jeder Artist heute hat.
ErfoIg auf dem Theater — damit sinkt man in meiner Achtung bis auf Nimmer-
wieder-sehn; MisserfoIg — da spitze ich die Ohren und fange an zu achten...]
Der Passus fehlt in der Vorlage.
419, 16 f. Massen-Kunst] In den Druckfahnen korrigiert aus: „Vulgär-
Kunst" (http://www.nietzschesource.org/facsimiles/DFGA/K-13,4).
419, 21 Aber Wagner] FW 368, KSA 3, 617, 20: „- aber Wagner".
419, 21 f. , neben dem Wagner, der die einsamste Musik gemacht hat, die es
giebt,] Dieser Einschub — der thematisch an NW Wo ich bewundere dort
anknüpft, wo Wagners Leidensfähigkeit betont wird (418, 4 u. 418, 15 f.), und
die Bandbreite von Wagners Schaffen in Erinnerung ruft — fehlt in der Vorlage.
419, 23-25 wesentlich noch Theatermensch und Schauspieler, der begeistertste
Mimomane, den es vielleicht gegeben hat, auch noch als Musiker...] FW
368, KSA 3, 617, 20-22: „wesentlich Theatermensch und Schauspieler, der
begeistertste Mimomane, den es gegeben hat, auch noch als Musiker!.." Zu
diesem zentralen Vorwurf N.s an Wagners Adresse siehe z. B. NK KSA 6, 26,
28 f. Der „begeisterteste Mimomane" potenziert Wagners „begeisterten Mimen"
im Aufsatz Über Schauspieler und Sänger: „Es giebt einen Einzigen, der den
begeisterten Mimen in seiner Selbstaufopferung überbieten kann: es ist der für
die Freude an der mimischen Leistung sich selbst gänzlich verges-
sende Autor. Dieser allein versteht den Mimen, und ihm allein ordnet sich
der Mime willig unter. In dem ganz natürlichen Verhältnisse Beider zu einan-
der liegt das Heil der dramatischen Kunst einzig begründet." (Wagner 1871-
1873, 9, 269 = Wagner 1907, 9, 225 f.) Campioni 2009, 281 f. weist darauf hin,
dass sich N.s Urteil über die Schauspieler, das Theater und die damit verbun-
dene decadence, die für ihn bei Wagner sichtbar wird, an der Lektüre französi-
scher Texte, namentlich von Renan, Bourget und Goncourt geschult habe.
419, 24 Mimomane] Der Ausdruck kommt in N.s Werk nur hier sowie in der
Vorlage FW 368, KSA 3, 617, 21 vor; im Brief an Ferdinand Avenarius vom 10. 12.
1888, wird FW 309 wie folgt umschrieben: „W[agner] Schauspieler durch und
durch, auch als Musiker" (KSB 8, Nr. 1184, S. 518, Z. 35 f.). Zwar handelt es sich
bei dem Wort „Mimomane", das aus den griechischen Bestandteilen pipog-
Schauspieler und pavla= Wahnsinn zusammengesetzt ist, in der deutschen
Sprache um einen Neologismus N.s. Aber N. war aus seinen Lektüren wohl die
folgende Passage aus Edmond und Jules Huot de Goncourts La femme au dix-
huitieme siede geläufig: „C'est une fureur, une folie que le theätre de societe
dans la seconde moitie du dix-huitieme siecle. Le goüt de jouer la comedie
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften