730 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen
420, 10 gegen Gott und Welt] FW 368, KSA 3, 618, 7: „gegen Gott und Mensch".
420, 12 am wenigsten der Künstler] FW 368, KSA 3, 618, 9: „auch der Künstler
nicht". Bei der Bearbeitung der Vorlage aus FW tendiert N. generell ins Super-
lativische.
420, 13 f. — es fehlt die Einsamkeit, alles Vollkommne verträgt keinen Zeugen...]
Der Einschub fehlt in der Vorlage.
420, 14-18 Im Theater wird man Volk, Heerde, Weib, Pharisäer, Stimmvieh, Pa-
tronatsherr, Idiot — Wagnerianer: da unterliegt auch noch das persönlichste
Gewissen dem nivellirenden Zauber der grossen Zahl, da regiert der Nachbar,
da wird man Nachbar..."] FW 368, KSA 3, 618, 9-17: „da ist man Volk, Publi-
kum, Heerde, Weib, Pharisäer, Stimmvieh, Demokrat, Nächster, Mitmensch,
da unterliegt noch das persönlichste Gewissen dem nivellirenden Zauber der
,grössten Zahl', da wirkt die Dummheit als Lüsternheit und Contagion, da
regiert der ,Nachbar', da wird man Nachbar...' (Ich vergass zu erzählen, was
mir mein aufgeklärter Wagnerianer auf die physiologischen Einwände entgeg-
nete: ,Sie sind also eigentlich nur nicht gesund genug für unsere Musik?' —)".
420, 14-16 Im Theater wird man Volk, Heerde, Weib, Pharisäer, Stimmvieh, Pa-
tronatsherr, Idiot — Wagnerianer] Vgl. NK KSA 6, 306, 31. Ein Patronatsherr
ist eigentlich ein Gutsbesitzer, der durch die Stiftung einer Kirche das Recht
erworben hat, den Geistlichen für diese Kirche zu nominieren. Natürlich spielt
der Ausdruck hier auf den 1870 gegründeten Bayreuther Patronatsverein an,
der durch den Verkauf von Anteilscheinen Wagners Bayreuth-Pläne umsetzen
sollte. Was sich wie eine launige Assoziation N.s liest, scheint aber gängiger
Sprachgebrauch unter Wagnerianern gewesen zu sein. So liest man z. B. beim
Wagner-Propagandisten Richard Pohl: „Patronatsherr von Bayreuth zu
sein, ist ein Ehrentitel, der in unseren Augen schwerer wiegt als — so mancher
andere. Er besagt für uns, daß der Betreffende, von der Größe der Wagnerschen
Kunst und der kulturhistorischen Bedeutung seiner Reformen durchdrungen,
nach Vermögen dazu beigesteuert hat, um dieses Kunstideal verwirklichen zu
helfen und das große Werk seiner Vollendung näher zu führen." (Pohl 1883b,
273).
Intermezzo.
Diesen Text (420, 19-421, 22) übernimmt N. auch in Ecce homo (EH Warum ich
so klug bin 7, KSA 6, 290, 25-291, 26, vgl. zur Textgeschichte NK EH ÜK Warum
ich so klug bin). Um den 17. 12. 1888 schickte N. ein Blatt mit der Überschrift
420, 10 gegen Gott und Welt] FW 368, KSA 3, 618, 7: „gegen Gott und Mensch".
420, 12 am wenigsten der Künstler] FW 368, KSA 3, 618, 9: „auch der Künstler
nicht". Bei der Bearbeitung der Vorlage aus FW tendiert N. generell ins Super-
lativische.
420, 13 f. — es fehlt die Einsamkeit, alles Vollkommne verträgt keinen Zeugen...]
Der Einschub fehlt in der Vorlage.
420, 14-18 Im Theater wird man Volk, Heerde, Weib, Pharisäer, Stimmvieh, Pa-
tronatsherr, Idiot — Wagnerianer: da unterliegt auch noch das persönlichste
Gewissen dem nivellirenden Zauber der grossen Zahl, da regiert der Nachbar,
da wird man Nachbar..."] FW 368, KSA 3, 618, 9-17: „da ist man Volk, Publi-
kum, Heerde, Weib, Pharisäer, Stimmvieh, Demokrat, Nächster, Mitmensch,
da unterliegt noch das persönlichste Gewissen dem nivellirenden Zauber der
,grössten Zahl', da wirkt die Dummheit als Lüsternheit und Contagion, da
regiert der ,Nachbar', da wird man Nachbar...' (Ich vergass zu erzählen, was
mir mein aufgeklärter Wagnerianer auf die physiologischen Einwände entgeg-
nete: ,Sie sind also eigentlich nur nicht gesund genug für unsere Musik?' —)".
420, 14-16 Im Theater wird man Volk, Heerde, Weib, Pharisäer, Stimmvieh, Pa-
tronatsherr, Idiot — Wagnerianer] Vgl. NK KSA 6, 306, 31. Ein Patronatsherr
ist eigentlich ein Gutsbesitzer, der durch die Stiftung einer Kirche das Recht
erworben hat, den Geistlichen für diese Kirche zu nominieren. Natürlich spielt
der Ausdruck hier auf den 1870 gegründeten Bayreuther Patronatsverein an,
der durch den Verkauf von Anteilscheinen Wagners Bayreuth-Pläne umsetzen
sollte. Was sich wie eine launige Assoziation N.s liest, scheint aber gängiger
Sprachgebrauch unter Wagnerianern gewesen zu sein. So liest man z. B. beim
Wagner-Propagandisten Richard Pohl: „Patronatsherr von Bayreuth zu
sein, ist ein Ehrentitel, der in unseren Augen schwerer wiegt als — so mancher
andere. Er besagt für uns, daß der Betreffende, von der Größe der Wagnerschen
Kunst und der kulturhistorischen Bedeutung seiner Reformen durchdrungen,
nach Vermögen dazu beigesteuert hat, um dieses Kunstideal verwirklichen zu
helfen und das große Werk seiner Vollendung näher zu führen." (Pohl 1883b,
273).
Intermezzo.
Diesen Text (420, 19-421, 22) übernimmt N. auch in Ecce homo (EH Warum ich
so klug bin 7, KSA 6, 290, 25-291, 26, vgl. zur Textgeschichte NK EH ÜK Warum
ich so klug bin). Um den 17. 12. 1888 schickte N. ein Blatt mit der Überschrift