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Rasch, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1925, 10. Abhandlung): Über die Ausnützung der Gezeiten des Meeres zur Energiegewinnung — Berlin, Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.43391#0004
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G. Rasch:

zweiten Teil der Periode der Meeresbewegung abspielen. Es gibt also
bei Ebbe und Elut je einen Totpunkt, bei welchem der Höhenunter-
schied zwischen Becken und Meer gleich Null ist und daher keine Arbeit
geleistet werden kann. Aber auch einige Zeit vorher und nachher ist
die Energieabgabe nicht durchführbar, weil dieser Höhenunterschied,
d. h. der auf die Turbinen wirkende Druck, zu gering ist. Es ent-
steht also während jeder Flut und jeder Ebbe eine Betriebsunter-
brechung. Das ist der Nachteil des Einbeckensystems.
Ihn vermeidet das Zweibeckensystem. Die örtlichen Verhältnisse
können dieselben sein wie oben. Außer
dem Damm gegen das offene Meer ist
aber noch ein zweiter — ein Querdamm —
• vorhanden (Abb. 2), der das durch den
ersten gebildete Becken in zwei Teile,
das Hoch- und das Niederbecken zerlegt.
Handelt es sich um eine Flußmündung,
so muß das Flußwasser dem Hoch-
rr becken zugeführt werden. In den Quer-
damm ist das Kraftwerk eingebaut.
Es liegt auf der Hand, daß hier eine dauernde Energieabgabe durch-
führbar ist, sofern es gelingt, einen genügend großen Höhenunterschied
zwischen den Spiegeln des Hoch- und Niederbeckens aufrechtzuerhalten.
Wie dies erreicht wird, soll an späterer Stelle erörtert werden.
Wenn man sich das bisher Besprochene vor Augen hält, wird man
zu dem Urteil gelangen müssen, daß das Zweibeckensystem mit seiner
dauernden Energielieferung unbedingt dem Einbeckensystem vorgezogen
werden müsse. Es muß daher außerordentlich befremden, zu erfahren,
daß die beiden einzigen bis jetzt bekannten Flutwerke, ein englisches
an der Severnmündung, und ein französisches am Aber Vrache (Dep.
Finisterre), wie sehr sie sonst verschieden sind, in der Wahl des Ein-
beckensystems übereinstimmen.
Auch der Verfasser war von dieser Tatsache befremdet und ver-
suchte, der Frage auf den Grund zu kommen; so entstand die folgende
Untersuchung.
Wir wollen zunächst für das Einbeckensystem einen theoreti-
schen Grenzfall behandeln und nehmen an, die Wasserhöhe x des offenen
Meeres sei eine Sinusfunktion der Zeit, ausgedrückt durch die Gleichung:
(1) oc = y (1 + cos a)
wo H der ,,Meereshub“, d. h. der Unterschied zwischen dem höchsten
und tiefsten Stand des Meerwassers, wie x in Meter gemessen, und:
 
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