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Salomon-Calvi, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1926, 13. Abhandlung): Die Gruppendefinitionen in der Paläontologie — Berlin, Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.43409#0008
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Wilhelm Salomon:

in mehreren Horizonten wohl unterscheiden, dennoch aber Formüber-
schneidungen vorkommen. Ferner wie man sich 2. verhalten soll in
Fällen, wo man etwa eine ausländische Fauna hat, die in allen Gliedern
bis auf zwei oder drei sich von einer bestimmten einheimischen Art ver-
schieden erweist, so daß man die paar identischen eben als Zufallskon-
vergenzen erkennt und ihnen kaum denselben Artnamen beilegen darf.“
In diesem letzteren Falle würde ich vorschlagen, zwar denselben Art-
namen zu verwenden, aber durch den Zusatz „Pseudo“ auszudrücken,
daß es sich um Formengleichheit durch Konvergenz und nicht durch
gleiche Abstammung handelt. Im ersteren Falle dürfte es Sehr schwer
sein, allein durch Namengebung, statt durch eine Beschreibung den Tat-
bestand auszudrücken. Indessen dürfte auch in diesem Falle die Typen-
definition immer noch zweckmäßiger sein als die Sammeldefinition.
Eine andere Schwierigkeit für unsere Definitionen ist die, daß sich
eine jetzt wohl definierbare Familie aus so abweichenden Formen ent-
wickelt hat, daß eben nur noch die Abstammung das verbindende Band
darstellt (Beispiel Pferde oder Kamele). Will man solche Formen mit
ihren Vorfahren in eine gemeinsame Familiendefinition einzwängen, so
tut man der Natur Gewalt an, da sich die für eine Familiendefinition
brauchbaren Merkmale fast alle geändert haben. Man wird besser tun,
in solchen Fällen überhaupt keine Familiendefinition aufzustellen, son-
dern eine „Reihendefinition“, d. h. anzugeben: Die Reihe beginnt mit
einem Typus A (den man als solchen definieren kann) und führt zum
Typus B. Auch in diesem Falle kommt man also mit einer Typendefinition
eher durch als mit einer Sammeldefinition.
Entschließt man sich aber zur bewußten Anwendung der ersteren,
so darf man sich auch in Lehrbüchern und Einzelarbeiten nicht so aus-
drücken, als ob die Definitionen Sammelbegriffen entsprächen. Ich be-
sinne mich noch sehr gut darauf, wie außerordentlich mich und andere
als Anfänger die Form der Definitionen störte. Man hatte ja nie festen
Boden unter den Füßen. Hatte man eben eine Definition erlernt, so sah
man sofort im Einzelfall, daß sie nicht paßte. Man schreibe also bei-
spielsweise: Familie der Cardiidae; der Typus der Familie hat die und
die Eigenschaften. Einzelne der Gattungen entfernen sich durch ge-
ringere Zahl der Zähne oder gar völlige Rückbildung, durch Heraus-
bildung einer Mantelbucht usw. ziemlich weit von dem Typus. Ebenso
schreibe man bei der Gattungs- und entsprechend auch bei der Art-
definition: der Typus der Gattung (Art) hat die und die Eigenschaften.
Dann haben wir die zweckmäßigste und dem heutigen Kenntnisstande
fast immer am besten entsprechende Form der Definition gewählt.
 
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