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Salomon-Calvi, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1926, 13. Abhandlung): Die Gruppendefinitionen in der Paläontologie — Berlin, Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.43409#0003
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Die Gruppendefinitionen in der Paläontologie.

Der Zoologe und der Botaniker hat im allgemeinen nicht nur ein
viel vollkommeneres Material zur Verfügung als der Paläontologe; er
kann sehr häufig auch damit experimentieren und sich in vielen Fällen
immer neue Vertreter einer Art oder Abart verschaffen, ja sie in mehreren
Generationen verfolgen. Andererseits hat er es nur mit „gleichzeitig“,
d. h. nämlich, geologisch gesprochen, in derselben Zeiteinheit einer Erd-
periode lebenden Formen zu tun. Der Paläontologe aber ist zwar oft
in der Lage, zu wissen, daß das eine Stück aus einem späteren Zeit-
abschnitt stammt als das andere. Wenn er das Material aber nicht Selbst
gesammelt hat, so kann es unmöglich sein, festzustellen, ob die Unter-
schiede zwischen zwei ähnlichen Formen auf Entwicklung in der Zeit,
also nacheinander, oder auf gleichzeitiger Änderung nebeneinander
beruhen. So ist es längst anerkannt, daß die paläontologische „Art“ in
den meisten Fällen eine wesentlich unsicherere Begründung hat als die
zoologische bzw. botanische, ja daß man sie diesen nicht ohne weiteres
gleichstellen kann. In der Paläontologie sind wir in der unangenehmen
Lage, schon der Bedürfnisse der Geologie wegen, fast bei jedem neuen
Funde auch gleich neue Namen aufstellen zu müssen, um uns ver-
ständigen zu können. Dabei ist es meist nicht möglich, darauf Rück-
sicht zu nehmen, ob die beobachtete Abweichung einer neuen Form von
den bekannten Formen die Abtrennung als neue Art oder nur als Varietät
bzw. Mutation rechtfertigen würde. Gewöhnlich wird sie als „Art“ auf-
geführt werden. Dacque hat in einer ausgezeichneten Arbeit 1906an
Austern, Actaeonellen, Fungien und Terebrateln ungemein klar gezeigt,
wie schwierig und langwierig es damals sein konnte, bei reichlich vor-
handenem Material eine Artbegrenzung vorzunehmen. Je weniger Ma-
terial man damals hatte, um So leichter war die Aufgabe, aber natürlich
1) Zur systematischen Speziesbestimmung. Beilageband 22 des Neuen Jahr-
buches f. Mineralogie usw. 1906. S. 639—685. Ich bin Herrn Prof. DACQUE für
einige Literaturnachweise und kritische Bemerkungen über den hier behandelten
Gegenstand zu bestem Danke verpflichtet.

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