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Ernst, Max; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1926, 4. Abhandlung): Über Anlagen von Organen, die nicht zur Ausbildung gelangen — Berlin, Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.43400#0005
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Über Anlagen von Organen.

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4. In den Kopfganglien der Insekten findet während der Metamor-
phose ein analoger Zellzerfall statt.1)
Diesen Beobachtungen müssen wir entnehmen, daß für die Ent-
wicklung der Ganglien der viscero-motorischen Nerven eine bestimmte
Anzahl von Epithelzellen bereitgestellt wird, die zur Innervation des
Kiemengebietes nötig ist. Treten Reduktionen im Versorgungsgebiet
auf, wie bei 1, 3 und 4, so wird der Bedarf an Ganglienzellen ver-
mindert bzw. verändert, es geht deshalb ein Teil der Organanlage zu-
grunde, obwohl eine Differenzierung zu Ganglienzellen noch nicht nach-
zuweisen ist. Für unsere Frage kommt es besonders darauf an, daß
in der ganzen Wirbeltierreihe nicht nur die Kiemenbogen als vorüber-
gehende Bildung auftreten, sondern daß auch zugehörige Nervenzentren
angelegt werden, die dann bei Umbildung des Kiemenapparates aber
schon zur Auflösung gelangen, bevor sie überhaupt zum funktionierenden
Organ ausgebildet sind.
Weitere Vorgänge, die in diesem Sinne gedeutet werden müssen,
fand ich bei der Entwicklung der Urniere. Die Anzahl und Anordnung
der zur Ausbildung kommenden Urnierenkanälchen ist bei den einzelnen
Säugetieren verschieden. Beim Schwein ist die Zahl der Kanälchen
von vornherein erheblich größer als die Zahl der Segmente, die Kanälchen
liegen in regelmäßigen Abständen nebeneinander und unterscheiden
sich nur dadurch, daß die kranialen einen größeren Durchmesser haben
als die kaudalen. Auch beim Kaninchen und Maulwurf ist die Anlage
der Urniere eine ausgedehnte, doch besteht hier schon ein Unterschied
gegen die Anlage beim Schwein insofern, als die Kanälchen in dem
kaudalen Teil des Wolffschen Ganges in geringerer Zahl liegen und
durch unregelmäßige Zwischenräume getrennt werden. In derselben
Weise ist dies für den Menschen, der in bezug auf die Ausbildung
der Urniere ja zwischen Kaninchen und Maulwurf steht, festgestellt.
Solange noch keine nachgebildeten (sekundären) Urnierenkanälchen zur
Entwicklung gekommen sind, deren Auftreten beim Menschen und
Kaninchen das Bild in späteren Stadien kompliziert, finden sich in
den kranialen Segmenten immer viel mehr 'Urnierenkanälchen als in
den kaudalen Teilen (s. auch Keibel-Mall, Handb. d. Entw.geschichte).
Bei der Maus, bei der die Urniere nur rudimentär entwickelt ist, ist
die Anzahl der Kanälchen gering, sie kommen überhaupt nur in den
kranialen Teilen zur Entwicklung und liegen hier sehr weit auseinander.
Es besteht also entsprechend der Höhe der Entwicklung, die die Ur-
*) Domingo Sanchez y Sanchez. L’liistolyse dans les centres nerveux des
insectes. Travaux du laboratoire des Recherches biologiques de l’universite
Madrid 1923.
 
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