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Liepmann, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1926, 6. Abhandlung): Leichengeburt bei Ichthyosauriern: eine paläobiologische Studie — Berlin, Leipzig, 1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.43402#0014
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Wilhelm Liepmann:

Fruchtblase führten, wie es Fig. 7 und 8 zeigt. Jetzt wurde der Vorgang
der Geburt dadurch unterbrochen, daß das Präparat in Formalin gelegt
und konserviert wurde. Inzwischen besitze ich in der Sammlung meiner
Klinik Präparate in allen Stadien der postmortalen Geburt bis zur voll-
ständigen Austreibung der Frucht, sei es in Schädel- oder Beckenendlage.
Ähnliche Vorkommnisse von rein postmortaler Kontraktion exstirpierter
Uteri sind von anderen Klinikern, wie ich durch mündliches Befragen
weiß, beobachtet worden, auch habe ich das gesamte Material in einer
Inauguraldissertation, Berlin 1924, von Gbossman zusammenstellen
lassen (9). In diesen Fällen fällt also der Druck der Fäulnisgase fort und
die rein postmortalen Uteruskontraktionen bewirken das Eintreten und
Fortschreiten der Geburt. Aus diesem Grunde ist auch die neuerdings
geäußerte Ansicht, daß die Jungtiere der Ichthyosaurier ähnlich wie bei
den Walen noch eine Zeitlang vom Muttertier in der Scheidentasche
herumgetragen werden, hinfällig. Für die beschriebenen fossilen Verhält-
nisse ist diese Hypothese unannehmbar. Im Moment des Todes würden
solche Tiere niemals in der Scheidentasche bleiben, sondern durch die
postmortalen Kontraktionen ausgetrieben werden müssen. Ebenso ist
die Möglichkeit, daß es sich um gefressene Tiere handeln könne, die den
Organismus des großen Tieres auf dem Wege der Defäkation durch
postmortale Kontraktion der Muskulatur verlassen, abzulehnen, da in
diesem Falle so gut erhaltene Exemplare von Jungtieren, wie sie unsere
Tafel I, Fig. 1 und 4 zeigen, nach Passieren des Magen-Darmkanals nicht
denkbar sind.
In gleicher Weise haben wir uns nun den Vorgang des fossil geworde-
nen Gebärens der in Fig. 1 und 2 dargestellten Präparate zu denken.
Die schwangeren Tiere wurden über die Barre hinweg in das fossile
schwarze Meer der Holzmadener Bucht geworfen, verendeten dort und
trieben, in dem weichen Schlick versinkend, die gebärfertigen Jungen
nach außen. Hierbei fand die vordringende Schwanz Wirbelsäule Wider-
stand im Schlick, streckte sich zuerst und bog sich dann dorsalwärts,
wie wir es an dem einen unserer Präparate (Fig. 1) sehen, bis schließlich
das erhärtende, Muttertier und Jungtier umgebende Medium dem Weiter-
fortschreiten der Leichengeburt ein Ende machte und nunmehr der
Fossilisationsvorgang beginnen konnte. Zum Vergleich hierzu sehen wir
in dem noch im Alttier befindlichen Jungtier (Fig. 4) die deutliche Ven-
tralflexion des Schwanzes. Man kann sich diesen Vorgang der passiven
Dorsalflexion der Schwanzflossenwirbelsäule an einem biegsamen Kupfer-
draht leicht zur Anschauung bringen, wenn man ihm die Krümmung
der Schwanzwirbelsäule eines Jungtieres gibt und dabei berücksichtigt,
daß diese weit flacher als beim ausgewachsenen Exemplar, mehr dem
 
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