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Adolf Mayer:
dieses mangelnde Verständnis, aneinander vorbeireden und vorbeidenken,
während die Wissenschaft doch (schon begrifflich) nur eine sein kann.
Aber man ist schon so gewöhnt an diese Erscheinung, daß man sie als
selbstverständlich mit in den Kauf nimmt. Es ist die alte Geschichte
von den Männern vom Leder und Männern der Feder, nur jetzt noch
weiter und weiter differenziert, und in dieser Weiterentwicklung wenig
besprochen, weil man sich beim Antupfen dieser Dinge die Finger ver-
brennen kann. Bei dem Juristen ist in der einseitigen Ausbildung der
menschlichen Forschungsfähigkeiten der Scharfsinn besonders ent-
wickelt, bei den Theologen und Philosophen der Tiefsinn, bei den Natur-
forschern der Spürsinn, und die meisten Gelehrten sind so stark in ihrer
besonderen Richtung durch Neigung und Erziehung differenziert und
potenziert, daß ihre Geschicktheit zu anderem Denken Schaden genom-
men hat. Spürhunde hat uns allesamt Nietzsche genannt, da er sich
selbst einen Jäger wähnte. Am meisten Schaden aber haben auf dem
gemeinsamen Gebiete menschlicher Interessen in unserer Zeit die Natur-
forscher angerichtet, da sie durch die wunderbaren Erfolge ihrer beson-
deren Tätigkeit übermütig geworden waren. Und so ist es billig, daß sie
die Zeche zahlen und gutzumachen suchen, was noch gut zu machen ist.
Die Hauptpunkte des Auseinanderklaffens der beiden Weltan-
schauungen: der christlichen und der naturwissenschaftlich-
materialistischen aber sind, daß die Naturwissenschaftler den Menschen im
Grunde als ein höheres Tier einschätzen. Homo sapiens, primus inter pares,
Damit ist alles gesagt. Die Menschenseele ist ihnen nur eine physiologische
Erscheinung, wie Speichelabsonderung, Atmung und Verdauung, auf das
Spiel der chemischen Moleküle und der Elektronen zurückzuführen.
Damit wird das ganze Menschendasein zu einer periodischen Erscheinung
mit Aufgang, Maximum und Niedergang fatalistisch festgelegt. Von
zeitlosem transzendentalem Leben, von einer Fortentwicklung der Seele
im Leiden bis zum Lebensende, ja über den leiblichen Tod hinaus ist
nicht mehr die Rede. Das wird nun alles ins Gebiet der Autosuggestion
geworfen und somit als Lebensinhalt verworfen.
Dies ist einer der Hauptpunkte, bei dessen Feststellung wir es einst-
weilen belassen wollen, weil er die tiefe trennende Kluft genügend kenn-
zeichnet. Aber streiten wollen wir darüber nicht. Wir würden damit ein
Gebiet betreten, auf dem „wir nichts wissen können“, das deshalb u. E.
ganz außerhalb des Wissenschaftlichen liegt, und von dem auch in den Mit-
teilungen einer wissenschaftlichen Akademie nicht die Rede sein darf. Nur
zu viel ist auf diesem Gebiete, das uns erkenntnistheoretisch verschlossen
ist, gestritten worden, oft mit sophistischen Argumenten auf beiden Seiten
und natürlich bei diesem Stande der Dinge ohne bleibendes Ergebnis.
Adolf Mayer:
dieses mangelnde Verständnis, aneinander vorbeireden und vorbeidenken,
während die Wissenschaft doch (schon begrifflich) nur eine sein kann.
Aber man ist schon so gewöhnt an diese Erscheinung, daß man sie als
selbstverständlich mit in den Kauf nimmt. Es ist die alte Geschichte
von den Männern vom Leder und Männern der Feder, nur jetzt noch
weiter und weiter differenziert, und in dieser Weiterentwicklung wenig
besprochen, weil man sich beim Antupfen dieser Dinge die Finger ver-
brennen kann. Bei dem Juristen ist in der einseitigen Ausbildung der
menschlichen Forschungsfähigkeiten der Scharfsinn besonders ent-
wickelt, bei den Theologen und Philosophen der Tiefsinn, bei den Natur-
forschern der Spürsinn, und die meisten Gelehrten sind so stark in ihrer
besonderen Richtung durch Neigung und Erziehung differenziert und
potenziert, daß ihre Geschicktheit zu anderem Denken Schaden genom-
men hat. Spürhunde hat uns allesamt Nietzsche genannt, da er sich
selbst einen Jäger wähnte. Am meisten Schaden aber haben auf dem
gemeinsamen Gebiete menschlicher Interessen in unserer Zeit die Natur-
forscher angerichtet, da sie durch die wunderbaren Erfolge ihrer beson-
deren Tätigkeit übermütig geworden waren. Und so ist es billig, daß sie
die Zeche zahlen und gutzumachen suchen, was noch gut zu machen ist.
Die Hauptpunkte des Auseinanderklaffens der beiden Weltan-
schauungen: der christlichen und der naturwissenschaftlich-
materialistischen aber sind, daß die Naturwissenschaftler den Menschen im
Grunde als ein höheres Tier einschätzen. Homo sapiens, primus inter pares,
Damit ist alles gesagt. Die Menschenseele ist ihnen nur eine physiologische
Erscheinung, wie Speichelabsonderung, Atmung und Verdauung, auf das
Spiel der chemischen Moleküle und der Elektronen zurückzuführen.
Damit wird das ganze Menschendasein zu einer periodischen Erscheinung
mit Aufgang, Maximum und Niedergang fatalistisch festgelegt. Von
zeitlosem transzendentalem Leben, von einer Fortentwicklung der Seele
im Leiden bis zum Lebensende, ja über den leiblichen Tod hinaus ist
nicht mehr die Rede. Das wird nun alles ins Gebiet der Autosuggestion
geworfen und somit als Lebensinhalt verworfen.
Dies ist einer der Hauptpunkte, bei dessen Feststellung wir es einst-
weilen belassen wollen, weil er die tiefe trennende Kluft genügend kenn-
zeichnet. Aber streiten wollen wir darüber nicht. Wir würden damit ein
Gebiet betreten, auf dem „wir nichts wissen können“, das deshalb u. E.
ganz außerhalb des Wissenschaftlichen liegt, und von dem auch in den Mit-
teilungen einer wissenschaftlichen Akademie nicht die Rede sein darf. Nur
zu viel ist auf diesem Gebiete, das uns erkenntnistheoretisch verschlossen
ist, gestritten worden, oft mit sophistischen Argumenten auf beiden Seiten
und natürlich bei diesem Stande der Dinge ohne bleibendes Ergebnis.