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Mayer, Adolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1928, 13. Abhandlung): Naturwissenschaftliche Apologetik des Christentums — Berlin, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.43555#0009
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Naturwissenschaftliche Apologetik des Christentums 9
Aber ich möchte vorschlagen, die Sache von einer ganz anderen Seite
her anzupacken, von einer mehr praktischen und die dennoch, wie ich
hoffe, als streng wissenschaftliche anerkannt werden wird.
* *
*
Wir haben soeben von der Einseitigkeit des modernen Wissen-
schaftsbetriebs gesprochen, von der einseitigen Ausbildung, des Tief-
sinns bei den Theologen, des Spürsinns bei den Naturwissenschaftlern,
eineFolge der zugespitzten Arbeitsteilung auch auf geistigem Gebiete.
Diese Einseitigkeit, eine historische Tatsache, ist z. T. als ein Segen,
z. T. als ein Fluch zu betrachten und nur bis zu einem gewissen Grade
eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
Die Tatsache selber ist allgemein bekannt aber lange nicht genug
in ihren Folgen gewürdigt und gewertet, und nur von ganz wenigen wird
geahnt, wie tief diese Differenzierung geht. Der Theologe, Psychologe,
auch der Jurist und der Sozial Wissenschaftler kennt die Falten des Men-
schenherzens und der Menschenseele. Das ist ihr Beruf. -— Er kennt
auch bis zum menschenmöglichen Grade sich selber, weil die Vergleichung
des eigenen Seelenlebens andere seelische Objekte besser verstehen lehrt.
Dagegen der Naturforscher, ihm ist die Bewegung der Himmelskörper,
der tote Stein, die Pflanze, das Tier und höchstens noch der Menschen-
körper Objekt der freilich auch aufs äußerste geschärften Beobachtung;
alles Subjektive wird er getraint „als persönlichen Fehler“ auszuschalten;
es ist der naturwissenschaftlichen Wissenschaftlichkeit verdächtig. Der
Forscher lernt die Menschenseele nur sehr unvollkommen kennen, in
ihren wirklichen Eigenschaften, ihrer Not, ihren Bedürfnissen, in einem
notdürftigen papierenen Abklatsch vielleicht, nicht aus reicher persön-
licher Erfahrung. Schon Faustens trockener Famulus empfindet dieses
Zukurz und spricht es aus in den Worten:
Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist,
Und sieht die Welt kaum einen Feiertag,
Kaum durch ein Fernglas, nur vom weiten,
Wie soll man sie durch Überredung leiten.
Und damit wird noch der mittelalterliche Zustand der Gelahrtheit
angedeutet. Seitdem hat die Differenzierung des menschlichen Erkenntnis-
vermögens einen früher nie geahnten Grad erreicht; natürlich nicht des
Naturforschers allein. Aber von dem besonderen Züchtungsresultat dieses
ist jetzt die Rede. Über den bis ins Unglaubliche vervielfachten Korallen-,
Medusen- und Quallenforschungen auf einzig diesen Zwecken gewidmeten
Reisen wie im Laboratorium, bei der liebevollen Wiedergabe dieser Obj ekte
 
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