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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1928, 3. Abhandlung): Entstehung, Morphologie und Züchtung der Autoplasmen, 1 — Berlin, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.43545#0024
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24

Hugo Merton :

opake kleine Scheibe zu erkennen, von einem hellen Hof umgeben (Abb.
6 e—g). Von den ganz unregelmäßigen Strömungen im Ernährungs-
plasma wird der Kern mit herumgeführt und dabei oft stark deformiert.
Das Bewegungsplasma ist durchsichtig homogen und von einem
elastischen, festeren Oberflächenhäutchen bedeckt, das immer vorhanden
ist; das Bewegungsplasma ist daher nicht imstande, Nahrungskörper zu
umfließen. Bei Dunkelfeldbeleuchtung erkennt man, daß das vom Bewe-
gungsplasma gebildete Lobopodium eine gewisse Höhe besitzt und nicht
ganz abgeflacht ist, wie man bei durchfallendem Licht annehmen möchte.
Die Bewegungen, die sich im Bewegungsplasma abspielen, werden
deutlich, wenn man ein Karminkörnchen verfolgt, das hinten auf dem
Ernährungsplasma sitzt. Langsam wandert es während der Vorwärts-
bewegung des Autoplasmas nach dem vorderen Rand, bleibt dann auf
der Unterlage liegen, bis das Autoplasma über es hinweggewandert ist,
um dann aufs neue nach vorn befördert zu werden. Da die Autoplasmen
vielfach gradlinig Vorwärtskriechen, kann sich dieses Spiel viele Male
wiederholen. Wir müssen aus diesem Vorgänge folgern, daß auch das Er-
nährungsplasma mit einem feinen Überzug von Bewegungsplasma be-
deckt ist, der mikroskopisch nicht wahrgenommen werden kann. Die
Vorwärtsbewegung der Autoplasmen vollzieht sich also als „Rollbewe-
gung“, wie sie für adhärierende Wanderformen von Amöben wieder-
holt beschrieben wurde.1)
Das Aussehen des Autoplasmas verändert sich, wenn sie in die Nähe
des Tropfenrandes kommen; hier wird das Lobopodium teilweise einge-
zogen und statt dessen bildet das Ernährungsplasma dauernd in ihrem
Aussehen wechselnde digitopode Fortsätze. Dieser Zustand kann durch
erneuten Wasserzusatz wieder in die normale Lobopodiumform überge-
führt werden. Bei stärkerer Konzentration des Kulturwassers im Prä-
parat infolge Verdunstung verschwindet bei allen Autoplasmen das
Lobopodium vollständig. Die Konturen des Autoplasmas werden eckig
und rissig und die kontraktile Vakuole wandert etwa in die Mitte des
Körpers. —
Eine große Überraschung bedeutete es für mich, als ich am 20. Dez. in
dem Aquarium, dem ich Paramaecien und Cyclidien zu entnehmen
pflegte, und in dem junge Limnäen lebten, Autoplasmen in großer Zahl
antraf. Sie saßen an der Wasseroberfläche und an der Glaswand und
stimmten in ihrem Aussehen durchaus mit den künstlich erzeugten überein.
Eine Woche später waren die Autoplasmen wieder verschwunden. Da es
x) Siehe J. Spek, Die Protoplasmabewegung. Bethes Handb. d. norm. u.
path. Physiologie VIII, 1. 1925.
 
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