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Hugo Merton:
gleichen. Infusor wie Autoplasma brauchen die gleiche Umwelt; ja im
Falle von Cyclidium konnte gezeigt werden, daß das Autoplasma
ungünstigen Lebensbedingungen gegenüber eine viel größere
Resistenz zeigt als das Infusor selbst. Die Selbständigkeit des
Autoplasmas geht soweit, daß wir es, wenn wir seine Genese nicht kennen
würden, unbedenklich für einen selbständigen Organismus betrachten
möchten. Da wir aber wissen, daß das Autoplasma aus einem Infusor
entstanden ist, so müssen wir es vorläufig als selbständig gewordenen Teil
eines Infusors betrachten, es sei denn, daß die weitere Forschung ergibt,
daß Autoplasmen infusoriellen Ursprungs häufiger in der Natur selb-
ständig entstehen und als „Amöben“ weiterleben!
Zum Schluß wollen wir noch dieseFrage kurz erörtern. Die Möglichkeit
zur Autoplasmabildung in der Natur mag bestehen, und die Beobachtung
über das vorübergehende Auftreten von Cyclidiumautoplasmen in einem
der Zuchtgläser scheint in diesem Sinne zu sprechen. Dagegen spricht
aber, daß offenbar die Autoplasmen von Paramaecium, Vorticella und Cy-
chdium noch nicht als freilebende Amöben beschrieben worden sind, was
der Fall sein müßte, wenn sich dieser Vorgang häufiger in der Natur ab-
spielte. In dem Protozoenwerk von Penard1) findet sich eine Abbildung
von Amoeba velata, die bis zu einem gewissen Grade an die Autoplasmen
erinnert; diese Abbildung soll aber nach Penard die betreffende Amöbe
nicht in ihrer charakteristischen Form zeigen, und da außerdem, wie aus
der Beschreibung hervorgeht, diese Amöbe in wichtigen Punkten von
den Autoplasmen abweicht, so handelt es sich zum mindesten nicht um
ein Autoplasma der drei hier untersuchten Formen.
Gehören aber die Autoplasmen, als selbständige Zellen betrachtet,
überhaupt in die Kategorie der Amöben ? Wohl nur mit einer gewissen
Einschränkung, denn, wenn es auch eine Anzahl Amöben mit polarer
Vorwärtsbewegung gibt, so scheint sie doch nirgends so ausgesprochen
zu sein wie bei den Autoplasmen. Eine derartige Konstanz der Gestalt
mit halbseitiger Lagerung der beiden Plasmasorten, wie sie bei normalen
Autoplasmen regelmäßig vorkommt, ist für die Amöben zum mindesten
sehr ungewöhnlich. Setzen wir das Ernährungsplasma der Autoplasmen
dem Amöbenentoplasma gleich, so wäre es auffallend, daß dieses Ento-
plasma nicht allseitig von Bewegungs - Cortikalplasma umgeben ist.
Auch der Umstand, daß der Prozeß der Nahrungsaufnahme auf das
Ernährungsplasma beschränkt bleibt, ist ungewöhnlich.
Bei der Autoplasmaentstehung handelt es sich wohl um einen A or-
gang, der, soviel mir bekannt, in dieser Form bisher weder bei tierischen
1) E. Penard, Faune rhizopodique du bassin du Leman. Genf 1902.
Hugo Merton:
gleichen. Infusor wie Autoplasma brauchen die gleiche Umwelt; ja im
Falle von Cyclidium konnte gezeigt werden, daß das Autoplasma
ungünstigen Lebensbedingungen gegenüber eine viel größere
Resistenz zeigt als das Infusor selbst. Die Selbständigkeit des
Autoplasmas geht soweit, daß wir es, wenn wir seine Genese nicht kennen
würden, unbedenklich für einen selbständigen Organismus betrachten
möchten. Da wir aber wissen, daß das Autoplasma aus einem Infusor
entstanden ist, so müssen wir es vorläufig als selbständig gewordenen Teil
eines Infusors betrachten, es sei denn, daß die weitere Forschung ergibt,
daß Autoplasmen infusoriellen Ursprungs häufiger in der Natur selb-
ständig entstehen und als „Amöben“ weiterleben!
Zum Schluß wollen wir noch dieseFrage kurz erörtern. Die Möglichkeit
zur Autoplasmabildung in der Natur mag bestehen, und die Beobachtung
über das vorübergehende Auftreten von Cyclidiumautoplasmen in einem
der Zuchtgläser scheint in diesem Sinne zu sprechen. Dagegen spricht
aber, daß offenbar die Autoplasmen von Paramaecium, Vorticella und Cy-
chdium noch nicht als freilebende Amöben beschrieben worden sind, was
der Fall sein müßte, wenn sich dieser Vorgang häufiger in der Natur ab-
spielte. In dem Protozoenwerk von Penard1) findet sich eine Abbildung
von Amoeba velata, die bis zu einem gewissen Grade an die Autoplasmen
erinnert; diese Abbildung soll aber nach Penard die betreffende Amöbe
nicht in ihrer charakteristischen Form zeigen, und da außerdem, wie aus
der Beschreibung hervorgeht, diese Amöbe in wichtigen Punkten von
den Autoplasmen abweicht, so handelt es sich zum mindesten nicht um
ein Autoplasma der drei hier untersuchten Formen.
Gehören aber die Autoplasmen, als selbständige Zellen betrachtet,
überhaupt in die Kategorie der Amöben ? Wohl nur mit einer gewissen
Einschränkung, denn, wenn es auch eine Anzahl Amöben mit polarer
Vorwärtsbewegung gibt, so scheint sie doch nirgends so ausgesprochen
zu sein wie bei den Autoplasmen. Eine derartige Konstanz der Gestalt
mit halbseitiger Lagerung der beiden Plasmasorten, wie sie bei normalen
Autoplasmen regelmäßig vorkommt, ist für die Amöben zum mindesten
sehr ungewöhnlich. Setzen wir das Ernährungsplasma der Autoplasmen
dem Amöbenentoplasma gleich, so wäre es auffallend, daß dieses Ento-
plasma nicht allseitig von Bewegungs - Cortikalplasma umgeben ist.
Auch der Umstand, daß der Prozeß der Nahrungsaufnahme auf das
Ernährungsplasma beschränkt bleibt, ist ungewöhnlich.
Bei der Autoplasmaentstehung handelt es sich wohl um einen A or-
gang, der, soviel mir bekannt, in dieser Form bisher weder bei tierischen
1) E. Penard, Faune rhizopodique du bassin du Leman. Genf 1902.