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Lenard, Philipp; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1929, 8. Abhandlung): Über Energie und Gravitation — Berlin, Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.43581#0014
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14

P. Lenard:

welche zur Abtrennung eines Teiles der Gesamtenergie eines Systems
unter dem Namen der „kinetischen Energie“ geführt haben. In Wirk-
lichkeit sitzt die gesamte Energie an den elektromagnetischen Kraft-
linien des Systems. Der je nach willkürlicher Wahl des Vergleichs-
systems ganz willkürlich und ohne weiteres verschieden groß zu
machende Teil davon, der als kinetische Energie bezeichnet wird,
kann allerdings bestimmten (magnetischen) Kraftlinien zugeschrieben
werden, worauf wir indessen hier nicht weiter eingehen.1)
Die G ravitationsenergie (potentielle Energie der Gra-
vitationskräfte) würde mau, nach Analogie des elektrischen Feldes,
in dem Baum zwischen den gravitierenden Massen verteilt suchen
können. Indessen Gravitation wird nicht nur nicht durch elektrische
oder magnetische Felder vermittelt, sondern es sind vielmehr diese
Felder (zu welchen auch die Atome gehören) selbst das Gravitierende;
denn wir finden sie als Sitze von Energie, also von Masse. Die Ana-
logie zwischen Gravitations- und elektromagnetischen Feldern versagt
also vollkommen. Würde man die potentielle Gravitationsenergie im
Baume zwischen Sonne und Erde — beispielsweise — verteilt an-
nehmen wollen, so hätte man damit in diesem Baume Massen verteilt,
die selbst der Gravitation unterlägen, und es wäre ohne besondere
Zusatzannahmen nicht einzusehen, warum diese Massen der Gravita-
tionsenergie nicht zur Sonne und Erde herabfallen sollten.2) Es ist
daher das Nächstliegende, die potentielle Gravitationsenergie nur an
den gravitierenden Massen selbst sitzend anzunehmen. Da aber diese
Massen schon an sich Energie sind, die, wie wir fanden, an elektro-
magnetischen Kraftlinien sitzt, so kommen wir dazu, die Gravitations-
energie — wie vorher schon die Trägheitsenergie (kinetische Energie)
nur als eine gewisse Vermehrung derjenigen Energie anzusehen, welche
als elektromagnetische Energie an den Kraftlinien der gegeneinander
gravitierenden Massen stets ihren Sitz hat.
Als das Besondere der Gravitationsenergie zeigt sich in
unserer Auffassung, daß sie nicht erst in die Massen einwandert, wenn
Gravitationskräfte an ihnen Arbeit leisten, sondern daß sie in ihnen
b Siehe hierüber „Äther und Uräther“ 1922. S. 54.
2) Beim elektrischen Felde ist. es etwas anderes. Die potentielle Energie
eines solchen Feldes sitzt tatsächlich an den Kraftlinien zwischen — beispiels-
weise — den entgegengesetzt geladenen Kondensatorplatten. Daß die Kraft-
linien durch ihre unzweifelhaft vorhandene Schwere in dieser ihrer Verteilung
nicht merklich gestört werden, dies liegt an den bekannten, durch Tatsachen
bereits gegebenen Eigenschaften dieser Kraftlinien (der Spannung und ihrem
gegenseitigen Drängen).
 
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