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Baldus, Richard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1930, 5. Abhandlung): Zur Axiomatik der Geometrie, 3: Über das Archimedische und das Cantorsche Axiom — Berlin, Leipzig, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.43604#0005
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Zur Axiomatik der Geometrie TII.

5

ständigkeitsaxiom durch das ihm bekanntlich in diesem Zusammen-
hang äquivalente Cantor sehe Axiom1) zu ersetzen. Das ist nicht
unbedingt nötig, denn man kann das Vollständigkeitsaxiom er-
heblich und zwar unter anderem so verschärfen, daß ihm nur die
Axiome der Verknüpfung, der Anordnung und der linearen Kon-
gruenz voranzugehen brauchen2). Da aber unabhängig davon
triftige Gründe allgemein-axiomatischer Natur dagegen sprechen,
die Aussage des Vollständigkeitsaxioms unter die Axiome aufzu-
nehmen3), ziehen wir es vor, das Cantor sehe Axiom zu wählen.
Demnach enthält unsere Axiomgruppe IV als Stetigkeitsaxiome das
Archimedische und das CANTORSche Axiom4).
3. G. Veronese5) verdankt man eine interessante, nicht-
triviale Deutung der linearen Verknüpfungs-, Anordnungs- und
Kongruenzaxiome, in welcher auch die aus den nicht-linearen
x) F. Enriques, „Prinzipien der Geometrie“, Enz. d. Math. Wiss. III, l,i
S. 1—129, insbes. S. 34ff.
2) G. I, Nr. 9. Im kursiv gedruckten Satze der betreffenden Nr. steht dort
infolge eines Druckfehlers „III, 1—4“, während aus dem letzten Absätze von
Nr. 8 hervorgeht, daß es „III, 1—-3“ heißen soll.
3) G. I, Nr. 13—16.
4) So bin ich in N. G. beim Aufbaue der hyperbolischen Geometrie der Ebene
vorgegangen. Im wesentlichen den gleichen Weg hat für die Euklidische Geo-
metrie des Raumes auch Herr M. Zacharias in seiner kürzlich erschienenen
„Elementargeometrie der Ebene und des Raumes“, Göschens Lehrbücherei,
1930, gewählt. In N. G. ist gezeigt, daß aus den HiLBERTschen Axiomgruppen
I-—III und unserer soeben angeführten Axiomgruppe IV die Aussage des Voll-
ständigkeitsaxioms als Satz (der absoluten Geometrie) folgt. Die Euklidische
Geometrie gewinnt man anschließend durch Hinzufügung des gegenüber der
Fassung Hilberts verschärften Euklidischen Parallelenaxioms: „Es gibt eine
Gerade a und einen Punkt A außerhalb a von folgender Eigenschaft: höchstens
eine Gerade durch A in der Ebene (a, A) trifft a nicht“ (N. G., S. 55), während
man zur hyperbolischen Geometrie gelangt, wenn man den Wortlaut dieses Axioms
dadurch abändert, daß man an die Stelle von „höchstens eine“ setzt „(mindestens)
zwei“ (N. G., S. 70). Diese Form des hyperbolischen Parallelenaxioms ist wesent-
lich einfacher als die sonst übliche (Hilbert a. a. 0. S. 147, bei der man aller-
dings die Stetigkeitsaxiome erspart, ebenda S. 144—162). Man erkennt ohne
weiteres (N. G., S. 72), daß die genannten beiden Parallelenaxiome eine voll-
ständige Disjunktion liefern und daß daher das Axiomensystem der absoluten
Geometrie, was das Verhalten der Parallelen betrifft, nur in den beiden genannten
Geometrien fortgesetzt werden kann, eine Tatsache, die bei den üblichen Formen
der Parallelenaxiome nicht ohne weiteres klar ist.
5) „Grundzüge der Geometrie“, deutsch von A. Schepp, Leipzig 1894,
S. 184, vgl. auch Enriques a. a. 0. S. 37/38.
 
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