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Wilhelm Salomon-Calvi:
sammen mit Tibet nachträglich in die Höhe gestiegen. Die heutigen
großen Faltengebirge des Äquatorialgürtels seien durch ein Ab-
gleiten der nordpolaren Dommassen gegen die auf der nördlichen
Halbkugel gelegene tiefe Senke, die Thetis, wie wir mit Suess jetzt
zu sagen pflegen, entstanden. Das Abgleiten von Riesenschollen
der zirkumpazifischen Landmassen gegen den Pazifischen Ozean
habe den diesen umgebenden Faltengebirgsgürtel erzeugt. So
kommt Daly zu Vorstellungen, die hinsichtlich des erdhistorischen
Geschehens sich nicht sehr weit von Wegener und Taylor ent-
fernen. Aber er nimmt ganz andere physikalische Ursachen an
und errichtet ein ganz abweichendes Hypothesengebäude als Aus-
gangspunkt für seine Grundannahmen.
Es ist auf kleinem Raume nicht möglich den zweifellos geist-
vollen Ausführungen des kenntnisreichen Verfassers gerecht zu
werden. Ich muß ganz offen gestehen, daß mir seine physikalische
Beweisführung, wenigstens in der kurzen Form seines Buches, nicht
einleuchtet und daß ich mir das Abgleiten nicht vorstellen kann.
Die ITauptsache ist aber doch, daß auch Daly weite Verschiebungen
der Kontinentalmassen annimmt und genau wie Taylor, Wegener,
Argand, Staub und auch ich in dem durch diese Verschiebungen
auf die Geosynklinalsedimente ausgeübten Druck die Ursache der
Faltengebirgsbildung sieht. Ebenso kommt auch er zu der Vor-
stellung, daß Indik, Atlantik und Arktik erst durch die Epeiro-
phorese entstandene Sekundärozeane seien.
Im Hinblick auf die vier Küstentypen, die ich in meiner ersten
Mitteilung unterschied, möchte ich hervorheben, daß auch Daly
schon vor mir klar den atlantischen Küstentypus von einem ,,pazi-
fischen “ unterschieden hat. Der atlantische Küstentypus schneide
und zerreiße die Faltengebirgsketten, der pazifische folge ihnen.
Auf weitere, zum Teil recht interessante Einzelheiten der Daly-
schen Ausführungen kann ich nicht eingehen. Ich empfehle aber
das Lesen des auch durch eine Fülle vortrefflicher Urabbildungen
ausgezeichneten Buches.
Haarmanns Oszillationsflieorie.
Haarmann hat 1926 in der Zeitschrift der Deutschen Geol.
Gesellschaft1) den Ausdruck „Orogenese“ durch den neuen Namen
Tektogenese zu ersetzen vorgeschlagen. Obwohl seine Gründe viel
1) Bd. 78. Monatsbericht S. 105—107.
Wilhelm Salomon-Calvi:
sammen mit Tibet nachträglich in die Höhe gestiegen. Die heutigen
großen Faltengebirge des Äquatorialgürtels seien durch ein Ab-
gleiten der nordpolaren Dommassen gegen die auf der nördlichen
Halbkugel gelegene tiefe Senke, die Thetis, wie wir mit Suess jetzt
zu sagen pflegen, entstanden. Das Abgleiten von Riesenschollen
der zirkumpazifischen Landmassen gegen den Pazifischen Ozean
habe den diesen umgebenden Faltengebirgsgürtel erzeugt. So
kommt Daly zu Vorstellungen, die hinsichtlich des erdhistorischen
Geschehens sich nicht sehr weit von Wegener und Taylor ent-
fernen. Aber er nimmt ganz andere physikalische Ursachen an
und errichtet ein ganz abweichendes Hypothesengebäude als Aus-
gangspunkt für seine Grundannahmen.
Es ist auf kleinem Raume nicht möglich den zweifellos geist-
vollen Ausführungen des kenntnisreichen Verfassers gerecht zu
werden. Ich muß ganz offen gestehen, daß mir seine physikalische
Beweisführung, wenigstens in der kurzen Form seines Buches, nicht
einleuchtet und daß ich mir das Abgleiten nicht vorstellen kann.
Die ITauptsache ist aber doch, daß auch Daly weite Verschiebungen
der Kontinentalmassen annimmt und genau wie Taylor, Wegener,
Argand, Staub und auch ich in dem durch diese Verschiebungen
auf die Geosynklinalsedimente ausgeübten Druck die Ursache der
Faltengebirgsbildung sieht. Ebenso kommt auch er zu der Vor-
stellung, daß Indik, Atlantik und Arktik erst durch die Epeiro-
phorese entstandene Sekundärozeane seien.
Im Hinblick auf die vier Küstentypen, die ich in meiner ersten
Mitteilung unterschied, möchte ich hervorheben, daß auch Daly
schon vor mir klar den atlantischen Küstentypus von einem ,,pazi-
fischen “ unterschieden hat. Der atlantische Küstentypus schneide
und zerreiße die Faltengebirgsketten, der pazifische folge ihnen.
Auf weitere, zum Teil recht interessante Einzelheiten der Daly-
schen Ausführungen kann ich nicht eingehen. Ich empfehle aber
das Lesen des auch durch eine Fülle vortrefflicher Urabbildungen
ausgezeichneten Buches.
Haarmanns Oszillationsflieorie.
Haarmann hat 1926 in der Zeitschrift der Deutschen Geol.
Gesellschaft1) den Ausdruck „Orogenese“ durch den neuen Namen
Tektogenese zu ersetzen vorgeschlagen. Obwohl seine Gründe viel
1) Bd. 78. Monatsbericht S. 105—107.