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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1930, 1. Abhandlung): Epeirophorese, 1 — Berlin, Leipzig, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.43605#0023
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Epeirophorese.

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Auch wo sie sichtbar und nicht durch die Decken verhüllt sind,
darf man nicht erwarten eine einzige kontinuierliche Linie zu
finden. Denn wenn wir heute zwei Kontinente aneinander schieben,
wird jede vorspringende Landmasse, jede Insel und jede ein-
springende Bucht große Unregelmäßigkeiten der Grenzfläche er-
zeugen. Es ist auch kein Gegenbeweis gegen die Natur einer
solchen tektonischen Fläche als Zusammenschubfläche, daß man
manchmal auf lange Strecken zu beiden Seiten gleiche Gesteine
oder Formationen, ja selbst gleiche Fazies von Formationen
finden wird. Warum sollten nicht beim Zusammenschub zweier
Kontinente Granite, Basalte, pelagische Triassedimente oder kon-
tinentale rote Sandsteine usw. auf erhebliche Entfernungen von
beiden Seiten her Zusammenstößen ?
Beteiligung des Magmas bei den Gebirgsfaltungen.
Bewegt sich ein Kontinent schwimmend im Sima, so muß er
in diesem Bewegungen, Strömungen erzeugen, die es zwingen, in
der Richtung des geringsten Widerstandes auszuweichen. Diese
wird aber sehr oft nach oben führen. Ebenso können seine
eigenen tiefsten Teile, mit oder ohne die besonderen Annahmen
von Joly, verflüssigt werden und ebenfalls den Weg nach oben
finden. Wir würden so einen Impuls erhalten, der die Magmen
der Tiefe zuerst zum Aufstieg bringt. Ist diese Bewegung ein-
geleitet, so ergeben sich aus der Druckentlastung und Gasentwick-
lung Umwandlungen latenter potentieller Energien in kinetische
Energie. Wir verstehen so die Tatsache, daß alle großen Falten-
gebirge in ihrem Untergründe plutonische Massen erscheinen lassen,
sobald die Abtragung weit genug geht. Ebenso verstehen wir
das Auftreten gewaltiger vulkanischer klassen in den Falten-
gebirgen (Anden) oder im Rückland der Falten und Decken
(Ungarn).
Der Hauptunterschied dieser Anschauung gegenüber den von
Ampferer, Schwinner, Kossmat und auch gegenüber den von
mir selbst eine Zeitlang vertretenen Annahmen ist der, daß hier
die Bewegung der Kontinente als das Primäre gedacht ist, bei den
genannten Verfassern die Strömungen des subkrustalen Magmas
das Primäre wären und ihrerseits die Kontinente in Bewegung
setzten. Da wir tatsächlich noch kein befriedigendes Bild von den
physikalischen Vorgängen bei der Epeirophorese haben, ist es zu-
nächst nebensächlich, welcher der beiden Vorstellungen man den
 
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