Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1930, 1. Abhandlung): Epeirophorese, 1 — Berlin, Leipzig, 1930

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43605#0024
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
24

Wilhelm Salomon-Calvi:

Vorzug geben will. In den folgenden Beiträgen wird sich die Ge-
legenheit bieten die hier nur angedeuteten Fragen eingehender zu
behandeln.

Grundsätzliche Bemerkungen über die Behandlung neuer Hypothesen.
Im zweiten Teile meiner Arbeit werde ich beginnen die ein-
zelnen Beweisgründe für und gegen eine Epeirophorese kritisch zu
behandeln. Aber bevor ich das tue, möchte ich schon liier einige
grundsätzliche Bemerkungen über die Art der Erörterung solcher
wissenschaftlicher Fragen einschalten.
Wenn eine Hypothese sehr lange fast allgemein anerkannt und
verwendet worden ist, pflegt man sie im Range zu erhöhen und
als Theorie zu bezeichnen. Taucht nun eine neue Hypothese auf,
die der Theorie entgegensteht, so pflegen deren Anhänger von den
Vertretern der neuen Hypothese den Richtigkeitsbeweis zu ver-
langen. In Wirklichkeit sind sie dazu gar nicht berechtigt. Denn
es handelt sich nur darum festzustellen, welche der beiden Hypo-
thesen wahrscheinlicher ist. Als ich im Jahre 1896 als erster be-
hauptete, daß ein Teil der alpinen Zentralmassive tertiär sei, und
ebenso als ich 1897 wohl als erster in neuerer Zeit wieder für Hebun-
gen durch Tiefengesteins-Intrusionen eintrat, wurde mir von fast
allen Seiten die Beweislast dafür zugeschoben, obwohl ein hohes
Alter aller Massive und die Passivität der Magmen durchaus nicht
bewiesen waren. Aber was heute ziemlich allgemein anerkannt ist,
galt damals als Ketzerei. Genau so geht es heute mit der Epeiro-
phorese. In Wirklichkeit ist es ungerecht von Wegener zu be-
anspruchen, daß er die Richtigkeit der Epeirophorese beweise, ohne
gleichzeitig auch von seinen Gegnern zu verlangen, daß sie die
Unbeweglichkeit der Kontinente beweisen. Es kann sich
nur darum handeln, welche von den beiden Anschauungen wahr-
scheinlicher ist. Die Unbeweglichkeit der Kontinente ist ebenso-
wenig bewiesen, weil man bis zu Taylor und Wegener nie ernstlich
mit ihrer Beweglichkeit gerechnet hatte. Auch ein anderer Punkt
sollte bei solchen Erörterungen Beachtung finden. Es ist richtig,
daß schon vor Darwin andere die Deszendenz der Organismen an-
genommen hatten. Es ist richtig, daß Taylor und andere schon vor
Wegener mit Verschiebungen der Kontinente gerechnet hatten1).

0 Wie Wegener selbst in der vierten Auflage seines Buches ausführt,
haben schon vor Taylor und ihm Green (1857), Löfeelholz von Colberg
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften