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Bettmann, Siegfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1930, 8. Abhandlung): Über Modellierungen des Gefäßendabschnittes, 1: Die Beziehung der Kapillarformen der Lippe zur Physiognomie — Berlin, Leipzig, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.43607#0016
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16

Bettmann :

kausale Verknüpfung gedacht werden mag. Es eröffn et sich der
Ausblick auf Befundsunterschiede bei Angehörigen verschiedener
Völker und Rassen und ihrer Beziehung zur Eigensprache wie ihrer
Beeinflussung durch die Erlernung von Fremdsprachen (in gewissem
Sinne auch einer Eignung für bestimmte Sprachen!).
Wir kommen weiterhin unweigerlich auf die Beziehung der
Kapillarformen zu konstitutionellen Typen. 0. Müller hat schon
in seinem Kapillarbuch diese Grundfrage erörtert, wenn auch wesent-
lich nur im Hinblick auf die vasoneurotische Diathese. Die Arbeiten
von W. Jänsci-i und seinen Mitarbeitern haben solche Kapillar-
studien am Nagelwall wiederum unter besonderen engeren Gesichts-
punkten verfolgt. Vielleicht können gerade die Kapillarbefunde
an der Lippenschleimhaut zu allen solchen Studien wichtige Er-
gänzungen und Korrekturen bringen.
Zugeordnetsein der Kapillarform und des Kapillarverhaltens
zu bestimmten konstitutionellen Bedingungen kann nicht auf be-
stimmte enge Lokalisationen beschränkt sein. Wohl aber können
sich verschiedene Örtlichkeiten der Untersuchung verschieden
günstig erweisen — immer in spezieller Bindung an die örtlichen
Voraussetzungen.
Die Lippe könnte als besonders geeigneter Testbezirk gelten,
wegen der guten Möglichkeit genauerer Einblicke, wie wegen der
ungeheueren Mannigfaltigkeit und „Lebendigkeit“ der Befunde
innerhalb ihres ganzen Bereiches.
Dabei können wir aber gerade mit Rücksicht auf die gewaltige
Vielheit verschiedener Befunde nicht von einem umschriebensten
Testpunkt oder einer Testlinie sprechen wie etwa am Nagel wall
oder in vergleichbarer Weise zu diesem im Munde am Zahnfleisch-
saum. Der Lippensaum stellt keine entsprechende Linie dar;
der Bereich des Überganges eines halb-hautartigen Gewebes zur
„reinen“ Schleimhaut ist der Untersuchung wenig günstig.
Wir müssen in jedem Einzelfalle an der Mundschleimhaut
möglichst viele Befunde nebeneinander zu einem Gesamturteil
vereinigen. Darin gerade spiegelt sich ja die Bedeutung der physio-
gnomischen Beweglichkeit des ganzen Bezirkes wieder.
Kretschmer hat das Gesicht die Visitenkarte der individuellen
Gesamtkonstitution genannt. Wir wollen die Physiognomie lieber
der Handschrift gleichsetzen. Die Analyse der Kapillarbefunde
der Lippenschleimhaut könnte, wenn ein Vergleich gewählt -werden
 
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