Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1931, 7. Abhandlung): Mitteilung zur Statik und Dynamik der deutschen Stammesphysiognomien, 3 — Berlin, Leipzig, 1931

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43632#0004
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4

Willy Hellpach:

wird. In diesem Sinne beginnt das „Rheinische“, wenn wir der
Stromrichtung folgen, „oben“ mit dem „Pfälzischen“, d. h. an der
Nordgrenze des Alemannischen, deutlich also bei Mannheim-Lud-
wigshafen x), andeutungsweise (mehr in den breiten Volksschichten
als in der „Gesellschaft“) unterhalb von Karlsruhe-Maxau, schließt
östlich weiter unten Elberfeld und Solingen noch sicher ein, ebenso
wie schon weiter oben westlich Rheinhessen und die Mosel bis Trier
hinauf, und endet auf der Strecke Düsseldorf-Duisburg. Seine
Hauptachse bildet der Strom selber: die an ihm gelegenen Land-
und Ortschaften, auch die größten Städte, sind prototypisch rhei-
nisch bevölkert. Zieht man eine Linie von Mannheim nach Düssel-
dorf, eine sie schneidende von Elberfeld nach Trier und verbindet
die vier Hauptpunkte dieses Kreuzes miteinander, so erhält man
ungefähr das Viereck des im eigentlichen Volkstumssinne „Rhei-
nischen“.
Im engeren Begriff wird dann öfters „rheinisch“ der Teil des
Vierecks genannt, der „rheinländisch“ ist, zur Rheinprovinz gehört:
also etwa von Rüdesheim stromab. Assoziationen mit dem land-
schaftlich berühmtesten Stück des Rheins mögen dabei mitspielen,
aber verhältnismäßige Berechtigung hat eine solche Einengung auch
in Ansehung der Sprechweise, die wir von der Mundart im linguisti-
schen Sinne unterscheiden müssen, denn es geht nicht um Wort-
gebrauch und Lautform, sondern um den Tonfall, den Akzent. Erst
in diesem Gebiet tritt jenes singende Sprechen auf, freilich deutlich
erst unterhalb von Koblenz, an dem jeder den „Rheinländer“ er-
kennt. In Mainz noch fehlend, erreicht es in Bonn und Köln seinen
Höhepunkt und tritt von Duisburg aber schon wieder zurück. Dieses
Gebiet ist zugleich das Verdichtungsfeld der hier zu erfassenden
rheinischen Mimik.
Zugrunde gelegt sind außer jahrelangen, nun schon weit über
hundert Ortschaften umfassenden, immer wiederholten und nach-
geprüften Beobachtungen auf Straßen und Märkten, in den Eisen-
bahnen und Gaststätten, in Versammlungen und Gesellschaften
(ein unentbehrliches Anfangs- und Hilfsverfahren, das weiterhin
als „Zählung am Wege11 bezeichnet werden soll) nunmehr planmäßige
Schuluntersuchungen in den oberen Klassen (insbesondere, wegen
der stärkeren Lebhaftigkeit der Mimik, von Mädchenschulen). Solche
Untersuchungen sind hier verarbeitet aus den Städten Köln, Düssel-
dorf, Duisburg, Essen, Elberfeld, Barmen.
x) Es ist immerhin beachtlich, daß die 1923 umgehenden Projekte eines
verselbständigten „rheinischen“ Staatsgebildes die Einbeziehung nicht nur
von Mainz, sondern auch von Mannheim als „natürlich“ unterstellten.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften