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Sölch, Johann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1932, 1. Abhandlung): Der Rückzug der letzten Vergletscherung: eine vergleichende Betrachtung — Berlin, Leipzig, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.43637#0019
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Der Rückzug der letzten Vergletscherung

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1300 m Höhe an in die periglaziale Schuttregion gelangen. Senkt
sich die Schneegrenze um weitere 300 m (y-Stadium der Alpen),
also auf etwa 1500 m, so berührt der Feldberg die klimatische
Schneegrenze ähnlich wie heute der Ben Nevis. Es beginnen sich
Gletscher in jene schattigsten Kare der E- und NE-Seite zu betten,
in denen die Schneeanwehungen am mächtigsten sind, die Ab-
schmelzung am langsamsten erfolgt (Moränen am Feldsee). Die
Vergletscherung, die dann eintritt, ist mehr eine Wirkung der
besonderen morphologischen Verhältnisse des Ortes als eine un-
mittelbare des Klimas22). Sinkt die Schneegrenze 900 m unter die
heutige, so geraten die großen Plateauflächen von 1200—1300 m
Höhe über die Schneegrenze. Die Vergletscherung muß nun be-
sonders stark und lebhaft wachsen, die Gletscherzungen müssen
sich nun rascher entwickeln, als Abflüsse einer Plateauvergletscherung.
Bei einem Tiefstand der eiszeitlichen Schneegrenze endlich 1200 m
unter der heutigen, also in etwa 900 m Seehöhe, würden auch
alle die ausgedehnten Flächen von 1000 m unter Firn begraben
werden und Gletscherzungen weiter hinab in die Täler vorstoßen.
Der glazialmorphologische und geologische Befund im Schwarzwald
bestätigt dieses: es entwickelten sich Gletscher bis zu 20 km Länge.
Entsprechend müssen sich natürlich auch die präglazialen Schutt-
zonen ausgedehnt haben und auf mindestens 600—700 m herab-
gestiegen sein.
Ob sich der Rückzug der W-Vergletscherung tatsächlich genau
in entsprechender Umkehrung der eben geschilderten Entwicklung
vollzogen hat, will ich nicht unbedingt behaupten — ich erinnere
an das oben Gesagte; aber das eine ist sicher, daß ein solcher Gang
der Wirklichkeit weit besser entspricht als die Annahme
SCHREPFERS 23).

winen der Schweizer Alpen. Bern 1881, S. 140), daß im Durchschnitt der Jahre
1853—1878 der letzte Schnee am Feldberg am 24. Juli, 1860 sogar erst am
16. Sept, schmolz; ferner Partsch, J., Die Gletscher der Vorzeit in den Kar-
pathen und den Mittelgebirgen Deutschlands usw., Breslau 1882, S. 118.
22) Man könnte überrascht sein über die auffallende Frische der Form
vieler Moränen des Feldberggebietes. Aber diese spricht nicht gegen unsere
Altersbestimmung. Hat nicht schon J. Partsch von den untersten, ältesten
Moränen der Gr. Schneegrube bei den Bärlöchern im Riesengebirge gesagt, sie
lägen „als elliptische Kurven frei auf dem Gehänge, wie wenn die Eiszunge
eben erst zurückgewichen wäre“ ? Die Erhaltung hängt ganz besonders von
der Beschaffenheit der Moräne ab. Aufhäufungen grober Blöcke erweisen sich
als besonders widerständig.
23) Zurückhaltender gegenüber voreiliger Parallelisierung von Rück-
 
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