Vorläufiger Bericht über eine geologische Reise nach Korsika
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Mit dieser Auffassung kann ich nicht ganz mitgehen. Es kommt
bei der Größenordnung doch nicht nur auf die Länge und Breite des
Gebirges an, sondern auch auf seine Zusammensetzung. Nun lehrt
ein Blick auf jede geologische Karte von Europa, daß das korsische
Granitmassiv mit seiner Granitfortsetzung in Sardinien den Granit-
massiven der alpinen Zentralmassive an Flächenraum ungeheuer
überlegen ist. Und dazu kommt doch die Tatsache, daß die ganze
Westküste von Korsika ein tektonischer Abbruch ist und daß sich
das Granitmassiv, aller Wahrscheinlichkeit nach noch weit unter
dem Meere nach Westen fortsetzt.
Ferner berücksichtigte man die folgenden Zahlen. Von der
Nordspitze Korsikas bis zur Südspitze Sardiniens liegt ein Abstand
wie von Wien bis zum Bodensee. Sardinien ist an seiner breitesten
Stelle etwa 135 km breit. Die Entfernung Luzern-Arona beträgt
150 km.
Ich komme also zu dem Schlüsse, daß auch der Größenordnung
nach schon der erhaltene Teil von Korsardinien und erst recht der
erhaltene Teil mit seiner ertrunkenen Fortsetzung einem Zwischen-
lande entspricht oder einem Vorlande, aber nicht einem Zentral-
massive. Bei meiner Vorstellung von der Lage Korsikas zu den Alpen
und dem Apennin ist Korsardinien für mich ein Zwischenland.
Ich komme also auch hier zu demselben Ergebnis wie Stille
in seiner zitierten Arbeit.
Die Morphologie der Tonalelinie auf Korsika.
Durch die Morphologie bin ich 1890 zuerst auf die Tonalelinie
aufmerksam geworden. Es fiel mir auf, daß eine ganze Anzahl von
großen und kleinen Tälern, sowie Pässen, immer wieder, wenn auch
mit Unterbrechungen derselben Linie folgten. Ich schrieb 1891 20)
wörtlich: „Ebenso finden wir auf der Nordseite des Presanella-
gebirges in unmittelbarer Nähe unserer gneißartigen Zone (Sc.
des Tonalitgneißes) eine wichtige tektonische Linie, welcher zwischen
Dimaro im Val di Sole und Colico am Comersee eine große Reihe
von tiefen Einsenkungen, nämlich Val di Sole, Val Vermiglio, Passo
Tonale, obere Val Camonica, Val d’Aprica und unteres Veltin ganz
deutlich folgen“ usw. 1905 21) fügte ich hinzu, daß „westlich des
20) Neue Beobachtungen aus dem Gebiete der Cima d’Asta und des Monte
Adamello. Tschermaks Mitteilungen, XII, 1891, S. 412.
21) Verh. d. K. K. geol. Reichsanstalt Wien 1905, S. 342.
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Mit dieser Auffassung kann ich nicht ganz mitgehen. Es kommt
bei der Größenordnung doch nicht nur auf die Länge und Breite des
Gebirges an, sondern auch auf seine Zusammensetzung. Nun lehrt
ein Blick auf jede geologische Karte von Europa, daß das korsische
Granitmassiv mit seiner Granitfortsetzung in Sardinien den Granit-
massiven der alpinen Zentralmassive an Flächenraum ungeheuer
überlegen ist. Und dazu kommt doch die Tatsache, daß die ganze
Westküste von Korsika ein tektonischer Abbruch ist und daß sich
das Granitmassiv, aller Wahrscheinlichkeit nach noch weit unter
dem Meere nach Westen fortsetzt.
Ferner berücksichtigte man die folgenden Zahlen. Von der
Nordspitze Korsikas bis zur Südspitze Sardiniens liegt ein Abstand
wie von Wien bis zum Bodensee. Sardinien ist an seiner breitesten
Stelle etwa 135 km breit. Die Entfernung Luzern-Arona beträgt
150 km.
Ich komme also zu dem Schlüsse, daß auch der Größenordnung
nach schon der erhaltene Teil von Korsardinien und erst recht der
erhaltene Teil mit seiner ertrunkenen Fortsetzung einem Zwischen-
lande entspricht oder einem Vorlande, aber nicht einem Zentral-
massive. Bei meiner Vorstellung von der Lage Korsikas zu den Alpen
und dem Apennin ist Korsardinien für mich ein Zwischenland.
Ich komme also auch hier zu demselben Ergebnis wie Stille
in seiner zitierten Arbeit.
Die Morphologie der Tonalelinie auf Korsika.
Durch die Morphologie bin ich 1890 zuerst auf die Tonalelinie
aufmerksam geworden. Es fiel mir auf, daß eine ganze Anzahl von
großen und kleinen Tälern, sowie Pässen, immer wieder, wenn auch
mit Unterbrechungen derselben Linie folgten. Ich schrieb 1891 20)
wörtlich: „Ebenso finden wir auf der Nordseite des Presanella-
gebirges in unmittelbarer Nähe unserer gneißartigen Zone (Sc.
des Tonalitgneißes) eine wichtige tektonische Linie, welcher zwischen
Dimaro im Val di Sole und Colico am Comersee eine große Reihe
von tiefen Einsenkungen, nämlich Val di Sole, Val Vermiglio, Passo
Tonale, obere Val Camonica, Val d’Aprica und unteres Veltin ganz
deutlich folgen“ usw. 1905 21) fügte ich hinzu, daß „westlich des
20) Neue Beobachtungen aus dem Gebiete der Cima d’Asta und des Monte
Adamello. Tschermaks Mitteilungen, XII, 1891, S. 412.
21) Verh. d. K. K. geol. Reichsanstalt Wien 1905, S. 342.