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Jänecke, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1932, 8. Abhandlung): Ist das Erdinnere fest? — Berlin, Leipzig, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.43644#0005
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Ist das Erdinnere fest ?

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berechnete sich in einer Tiefe von 100 km bei einem spezifischen
Gewicht von 2,8 ein hydraulischer Druck von 28 000 Atm. Weil
aber die Erdkruste fest ist, muß der wirkliche Druck geringer sein,
da die feste Schale, indem sie sich seitlich stützt, den Druck nach
unten teilweise aufhebt. Man kann deswegen vielleicht einen Druck
von 25 000 Atm. an der Stelle annehmen, wo die Erdkruste aufhört.
Dieser Druck ist gewiß erheblich, aber noch nicht so groß, daß er
nicht auch an der Erdoberfläche im Laboratorium herstellbar wäre.
Bridgman hat bei seinen Versuchen hydraulische Drucke bis zu
30 000 Atm. erreicht. Er hat unter hohem Druck Stoffe geschmolzen,
z. B. Eis (VI) bei Drucken oberhalb 20 000 Atm. Es liegt natürlich
gar kein Grund vor, das bei diesen Drucken erhaltene Wasser anders
als wirklich flüssig aufzufassen. Wenn man dies bedenkt, so liegt
auch gar keine Veranlassung vor, feste Stoffe, die bei 3000° unter
Drucken ähnlicher Größenordnung ihren festen Aggregatzustand
durch Wärmezufuhr ändern, anders als flüssig aufzufassen. Es
muß also angenommen werden, daß unmittelbar unterhalb der festen
Erdkruste eine wirkliche flüssige Masse liegt. Ein besonderes Ver-
halten zeigt diese lediglich dadurch, daß sie sich unter hohem all-
seitigem Druck befindet. Insbesondere wird eine flüssige Schicht
bei derartig hohen Drucken auch eine Widerstandsfähigkeit gegen
Formänderung, eine Riegheit besitzen und wird deswegen auch
transversale Wellen auf die beobachtete Art fortpflanzen. Dieses
Argument gegen die Annahme eines flüssigen Zustandes der Erde
ist also nicht stichhaltig.
Wenn aber unter der festen Erdkruste eine flüssige Schicht
liegt, so ist damit natürlich keineswegs gesagt, daß diese sich bis zum
Erdinnern erstrecken muß. Überlegungen, die sich aus der Form
der Schmelzkurve, d. h. der Beziehung von Druck und Temperatur
beim Schmelzen ergeben, führen zu der Auffassung, daß auf eine
flüssige Schicht unter der festen Erdkruste wiederum eine feste
Schicht folgt. Würde man die Schmelzkurve der in Betracht kom-
menden Stoffe wirklich kennen, so ließen sich auch zahlenmäßige
Angaben machen. Bis jetzt läßt sich aber über das Schmelzen nur
aussagen, daß bei wachsender Schmelztemperatur der Schmelzdruck
ständig steigt und umgekehrt. Nach den neuesten Auffassungen gilt
als Gleichung der Schmelzkurve p + a = BT + CTn, wobei p und
T Druck und absolute Temperatur sind und a, B, C und n be-
stimmte Werte für jeden Stoff haben. Der Wert B kann gleich Null
gesetzt werden, dann vereinfacht sich die Formel zu p + a = CTn,
 
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