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Mayer, Adolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1934, 3. Abhandlung): Die Grundbegriffe der Volkswirtschaftslehre — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.43675#0019
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Die Grundbegriffe der Volkswirtschaftslehre

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unserer vielgespaltenen Wissenschaftlichkeit. Gewiß, Wissenschaft
ist keine Ethik, wie auch Kunst nichts mit Sittlichkeit zu tun hat.
Aber der Mensch, der volle, der gebildete hat immer mit der
einen und der anderen zu tun und verkümmert sichtbarlich,
wenn er das vergißt.
Die Güter, die durch unsere moderne Technik geschaffen
werden, fallen nun nicht ganz und gar aber doch ihrer Massenhaftig-
keit wegen in die Kategorie des Luxus, und dieser Luxus der Leute
in „gehobenen Stellungen“ sowohl als der des ganzen Volkes
erschwert die Heilung der Arbeitslosigkeit, die allerdings zunächst
durch die Mechanisierung der Arbeit hervorgerufen wurde. Das
durch diese Mechanisierung ersparte Kapital hätte in einem nicht
demokratisch-parlamentarischen Staate für das Gemeinwohl sehr
viel nützlicher verwendet werden können.
Die alte Nationalökonomie unterschied nur zwischen Kapital
und Arbeit bei dem Prozeß der Gütererzeugung und berücksich-
tigte quantitativ nicht die Menge von Arbeit und die Menge
von Kapital, die zu einer bestimmten Produktion erforderlich
waren. Die Verteilung des Gewinnes wurde von der Leistung
abhängig gemacht, aber die „Grundzahl“ der Belohnung durch
den mächtigen Kapitalisten allein festgestellt. Hiergegen wendete
sich die Sozialdemokratie, die den Anteil der Arbeit durch die
Gewalt des allgemeinen Stimmrechtes, ohne genügende Berück-
sichtigung der ökonomischen Gesetze der Nachfrage und der
Angebote, erhöhte und dadurch nach der anderen Seite hin zu
viel tat.
Beide aber berücksichtigten allzuwenig die Qualität der
Arbeit, d. h. nicht diejenige Qualität, die auf die Menge des
Erzeugnisses, sondern diejenige, die sich auf die Art des Er-
zeugnisses bezieht, Einfluß hat. Also wurde durch die ganze
bisherige Wirtschaftstheorie außer Acht gelassen, daß für alle
Luxusgüter, die mehr von den Wohlhabenden gekauft werden,
qualitativ feinere Arbeit, sogar z. T. höhere Vorbildung notwendig
ist, von Ingenieuren, Künstlern, Organisatoren u. s. w. und weit
weniger rohe körperliche Arbeit. Und auch sehr viel Maschinen-
werk ist zu diesen neuen Produktionen erforderlich, also daß
inbezug auf die geringe Menge roher Arbeit sehr viel mehr
Kapital erforderlich ist. Dadurch entsteht das Missverhältnis
zwischen spärlicher werdendem, nur noch zu hohem Zinsfuß
verfügbarem Kapital und den im Uebermaß vorhandenen Ar-
 
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