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Eichholtz, Fritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1935, 8. Abhandlung): Der biologische Gedanke in der naturwissenschaftlichen Medizin — Heidelberg, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.43720#0008
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Fritz Eichholtz : Der biologische Gedanke

Beweisstücken der heutigen Wissenschaft, die zu diesem Zweck
aus dem wissenschaftlichen Gebäude nach Belieben herausge-
brochen werden, und mit dem wohl ausgedachten Appell an den
gesunden Menschenverstand.
Immer aber ist es im wesentlichen der gleiche Gedankengang,
durch den die Lehre den Unerfahrenen nahe gebracht wird, der-
selbe psychologische Aufbau, der, von einfachen Naturbeobach-
tungen ausgehend, ein logisches System dieser Lehre zurechtbaut,
das dann ausmündet in die höchsten geistigen und seelischen
Regionen.
Immer wird Krankheit und Krankheitsheilung eingeordnet in
eine umfassende Lebens- und Weltanschauung, immer wird der
einzelne Mensch, besonders der Kranke, gestellt unter den Schutz
übergeordneter Mächte des Lebens und des Kosmos, und gleich-
zeitig mit der ärztlichen Hilfe erhält der Kranke ein Bild von
dem übersinnlichen Geschehen, das über sein Schicksal entscheidet.
Daher nehmen diese spekulativen Richtungen ihre Überzeugungs-
kraft, daher dürfen sie auftreten, als hätten sie mit dem Schicksal
einen ewigen Bund geschlossen zur Erreichung ihrer Ziele; ja,
die Verbindung mit dem Unendlichen wird überhaupt hingestellt
als die wesentliche Kraftquelle der ärztlichen Kunst (Buttersack).
Es muß ausdrücklich festgestellt werden, daß es auch in der
„Schulmedizin“ nicht an Versuchen gefehlt hat, solche Totalitäts-
ansprüche aufzurichten. Diese entstehen, psychologisch betrachtet,
aus der einfachen Tatsache, daß die ausschließliche Beschäftigung
mit einer bestimmten therapeutischen Methode unter gleichzeitigem
Einsatz einer großen ärztlichen Persönlichkeit Erfolge erzielt, die
nicht zu erwarten sind, wenn man sich dieser Methode nur ge-
legentlich bedient. Davon kann jeder praktische Arzt genügend
erzählen. Immer aber entstehen solche Totalitätsansprüche aus
einer grundsätzlichen Unkenntnis oder falschen Wertung anderer
Erfahrungen. Vor der Mannigfaltigkeit des Lebens versagt jeder
Schematismus. So können diese begeisterten Entdecker und ihre
enthusiastischen Jünger im günstigsten Falle nur das eine er-
warten, daß das wertvolle Neue, das sie zu bringen haben, von
schärfer denkenden Ärzten eingeordnet wird in das schon vor-
handene therapeutische Handwerkszeug, sodaß es dort seinen
gebührenden Platz einnimmt.
Diesen bisher besprochenen, spekulativen Richtungen gegenüber
ist die Homöopathie kein religiöses, nicht einmal ein weit-
 
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