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Eichholtz, Fritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1935, 8. Abhandlung): Der biologische Gedanke in der naturwissenschaftlichen Medizin — Heidelberg, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.43720#0010
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10

Fritz Eichholtz: Der biologische Gedanke

sinnvollen Ordnung keinen Platz mehr findet. Der Grundsatz
„Similia Similibus“ dagegen ist keiner Revision fähig. Er ist un-
ablösbar.
Man kann diesem Grundsatz zum Mindesten die folgenden
Bedenken entgegenhalten:
1. Die experimentelle Bestätigung dieses Prinzips steht bis
heute aus. Es ist vielmehr bezeichnend, daß hervorragende Ver-
treter der Homöopathie das Tierexperiment als Beweisstück grund-
sätzlich ablehnen. Der gemeinsame Bauplan, der die gesamte
lebende Natur durchzieht, vom Einzeller bis zum höheren Wirbel-
tier, und der an immer neuen Stellen der biologischen Forschung
sichtbar wird, soll nach dieser Ansicht für den Menschen nicht
mehr gelten. Dabei wird hingewiesen auf die wesentlichen Unter-
schiede, die im Bauplan auch nahe verwandter Tierarten bestehen
können. Es wird vergessen, daß diese Unterschiede der physio-
logischen Forschung bekannt sind und von ihr in Rechnung
gestellt werden.
2. Es gibt wichtige Arzneistoffe, die dem Prinzip „Similia
Similibus“ nicht gehorchen, darunter die gesamte Serumtherapie,
von der Tollwutimpfung beginnend bis zur Behandlung der töd-
lichen Schlangenbißerkrankungen. Es gehören weiter dazu alle
ätiologisch wirkenden Arzneistoffe mit Einschluß des Chinins, das
in der Geschichte der Homöopathie eine ganz besondere Rolle
spielt. Alle Vitamine und die meisten Hormone lassen jede An-
deutung dieses Prinzips vermissen. Ganz besonders aber finden
sich unter den Arzneistoffen, die dem Prinzip „Similia Similibus“
nicht gehorchen, eine ganze Reihe unserer wichtigsten Heilstoffe,
deren Nichtanwendung unabsehbaren Schaden und oft das sichere
Ende für den Kranken bedeuten würde. Die Schuld der Homöo-
pathie besteht in ihren Unterlassungssünden.
3. Dieses Prinzip führt letzten Endes zu völlig grotesken
Zuständen. Wenn z. B. bei der Malaria das Krankheitsbild von
Tag zu Tag sich ändert, oder wenn zufällige Nebensymptome
auftreten, die nicht zum klassischen Krankheitsbild gehören, so ist
nach dieser Lehre ebenso oft ein neuer Arzneistoff indiziert. Für
die Behandlung des Carcinoms, das notwendigerweise je nach seinem
Sitz die verschiedensten Symptome auslöst, kennt die Homöo-
pathie gegen hundert verschiedene Medikamente, eine Konsequenz,
auf die ein so unverfänglicher Zeuge wie Erwin Liek aufmerk-
sam macht.
 
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