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Eichholtz, Fritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1935, 8. Abhandlung): Der biologische Gedanke in der naturwissenschaftlichen Medizin — Heidelberg, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.43720#0036
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Fritz Eichholtz : Der biologische Gedtinke

Neuere Forscher haben mit ernsten Worten und eindringlichen
Beweisen auf die gewaltsame Umstellung der Volksernährung
hingewiesen. Einige von ihnen betonen in erster Linie die Ge-
fahr, die durch die Ausmahlung des Getreidekorns entstanden
ist; sie glauben, daß durch die Einführung des Vollkornbrotes
einer der größten Gewinne für die Volksgesundheit erzielt wird,
„den die Welt je gekannt hat“ (L. C. Drummond). Andere sehen
die Gefahr im künstlichen Zusatz von Chemikalien, die der Frisch-
haltung, der Konservierung, der Sterilisierung, der besseren Ver-
käuflichkeit der Nahrungsmittel dienen (Lenzner, Liek u. a.).
Wieder andere weisen hin auf das Fehlen der Vitamine, der
Mineralsalze, des grünen Blattes, auf die Gefahren des Kochsalz-
zusatzes, und jede einzelne dieser Ansichten wird durch genü-
gendes, oft durch erdrückendes Tatsachenmaterial belegt. Sicher
ist das eine, daß viele von uns von einer Nahrung leben, die
biologisch völlig unerprobt ist. Es sind derartige Ernährungsformen
bekannt, die ein Tier befähigen, in vollständig normaler Weise
zu wachsen und mäßige Fruchtbarkeit zu zeigen. Bei jeder nach-
folgenden Generation indessen werden die Jungen kleiner und
physisch weniger entwickelt, und in der zweiten oder dritten
oder vierten Generation stirbt der Stamm aus. In unserem Volk
läßt sich feststellen, daß schon heute die leichten und schweren
Ernährungsschäden weit verbreitet sind.
Dieses gleiche Volk, das gerade ein Ernährungsexperiment
allergrößten Ausmaßes durchmacht, über dessen Ausgang erst
die Geschichte entscheiden soll, wird nun der weiteren schweren
Drohung der Gewerbegifte und Genußgifte ausgesetzt.
Das Gewerbegift ist zu einer unvermeidlichen Begleiterschei-
nung der heutigen Technik geworden. Es gibt extreme Ansichten,
daß durch ein einziges derartiges Gewerbegift, z. B. das Tetra-
äthylblei, die völlige Ausrottung der Rasse eintreten könne, wenn
es ganze Generationen hindurch eingeatmet wird (Henderson).
Sicher aber darf man die grundlegende Tatsache nicht übersehen,
daß sich gerade unter den Gewerbegiften solche befinden, die
eine besonders starke Wirkung auf die Erbmasse besitzen. Es
sei nur auf die wichtigsten metallischen Gewerbegifte Blei, Queck-
silber, Arsen, Thallium, insbesondere aber auf Radium- und
Röntgenstrahlen hingewiesen. Aber auch unter den organischen
Gewerbegiften befindet sich eine ganze Reihe, die in dieser Hin-
sicht verdächtig ist, wie Methylalkohol, Tetrachlorkohlenstoff,
Schwefelkohlenstoff und viele andere.
 
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